Am vergangenen Montag, den 29. November 2021, ist die 1940 geborene Filmemacherin Helga Reidemeister nach langer Krankheit in Berlin verstorben. Sie wurde 81 Jahre alt.
Die gebürtige Hallenserin nahm 1973 ihr Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin auf und gilt als eine der wichtigsten deutschen Dokumentarfilmerinnen, die mit ihren Werken stets dem Politischen im Privaten auf der Spur war.
Die Beschäftigung mit den Problemen der Arbeiterschaft, insbesondere der Frauen, prägte bereits ihre frühesten Werke: Für ihren Abschlussfilm VON WEGEN SCHICKSAL, ein emanzipatorisches Werk über Gewaltverhältnisse in der Familie, wurde sie 1979 mit dem Deutschen Filmpreis für die beste Nachwuchsregie ausgezeichnet. Die Dokumentation ist im Archiv der DFFB verfügbar: https://dffb-archiv.de/dffb/von-wegen-schicksal.
Auch spätere Arbeiten zeugen von dem politischen Engagement der ehemaligen Sozialarbeiterin: In DREHORT BERLIN (1987) und LICHTER AUS DEM HINTERGRUND (1998) fängt Helga Reidemeister mit ihrer Kamera die vielfältigen Gesichter des geteilten Berlins ein; in AUFRECHT GEHEN – RUDI DUTSCHKE (1988) spürt sie den wichtigen Stationen im Leben des Studentenführer Rudi Dutschke nach, mit dem sie früher in einer Wohngemeinschaft lebte; und in GOTTESZELL (2001) porträtiert sie eindringlich die Realität von Frauen im Gefängnis. Auch der politischen wie persönlichen Situation von Menschen in Afghanistan widmete sie zwischen 2004 und 2012 drei Filme.
Helga Reidemeisters Werk wurde auf internationalen Festivals gezeigt und vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Adolf-Grimme-Preis und dem Friedensfilmpries der Berlinale. Seit 2001 war sie Mitglied der Berliner Akademie der Künste; ihre Filme werden von der Deutschen Kinemathek bewahrt. Sie lehrte an der Filmakademie Baden-Württemberg und wird uns als eine wichtige Stimme im Kanon des politischen Kinos in wunderbarer Erinnerung bleiben.
Unser Mitgefühl gilt insbesondere den Angehörigen sowie den Freundinnen und Freunden von Helga Reidemeister.