Geschich­te der DFFB

50 Jah­re Film­aus­bil­dung in Ber­lin. 50 Jah­re fil­mi­sches Erzäh­len.

Die Anfän­ge

Nach mehr als einem Jahr­zehnt Pla­nung war es am 17. Sep­tem­ber 1966 end­lich soweit: Der regie­ren­de Bür­ger­meis­ter von Ber­lin, Wil­li Brandt, eröff­net fei­er­lich die Deut­sche Film- und Fern­seh­aka­de­mie Ber­lin als ers­te Film­schu­le West­deutsch­lands. Künst­le­ri­scher Direk­tor ist der renom­mier­te Doku­men­tar­film­re­gis­seur Erwin Lei­ser; Heinz Rath­sack, ehe­ma­li­ger Film­re­fe­rent beim Kie­ler Kul­tus­mi­nis­te­ri­um, wird Ver­wal­tungs­di­rek­tor. Haupt­amt­li­che Dozie­ren­de sind im ers­ten Jahr Ulrich Gre­gor (Film­ge­schich­te) und Peter Lili­en­thal (Regie). Unter den Stu­die­ren­den des ers­ten Jahr­gangs befin­den sich klin­gen­de Namen wie Wolf­gang Peter­sen, Hel­ke San­der, Harun Faro­cki, Hart­mut Bitom­sky oder Hol­ger Meins – einer fehlt aller­dings: Rai­ner Wer­ner Fass­bin­der wur­de von der Auf­nah­me­kom­mis­si­on abge­lehnt. Von Anfang an dabei: Hele­ne Schwarz zunächst als Sach­be­ar­bei­te­rin für Stu­di­en­an­ge­le­gen­hei­ten, stets ansprech­bar und mit offe­nem Ohr für die Stu­die­ren­den.

In den stu­den­ten­be­weg­ten Zei­ten um 1968 sind die Stu­die­ren­den der DFFB mit­ten­mang und brin­gen der DFFB den bis heu­te anhal­ten­den Ruf als Deutsch­lands poli­tischs­te Film­schu­le ein: Im Mai 1968 wird sie von einer Grup­pe Stu­die­ren­der besetzt und für kur­ze Zeit in „Dsi­ga-Wert­ow-Aka­de­mie“ umbe­nannt. Über dem Haus am Theo­dor-Heuss-Platz, das sich die DFFB mit dem Sen­der Frei­es Ber­lin teilt, weht eine rote Fah­ne. Im Novem­ber 1968 eska­liert ein Kon­flikt, der seit der ers­ten Prü­fung im Jahr 1967 zwi­schen Stu­die­ren­den und Direk­ti­on schwel­te: 18 Stu­den­ten wer­den frist­los ent­las­sen und erhal­ten Haus­ver­bot, nach Ent­zug des Ver­trau­ens durch die Dozen­ten tritt kurz dar­auf der künst­le­ri­sche Direk­tor Erwin Lei­ser zurück. Die Poli­tik ist nicht weit davon ent­fernt, die gera­de erst eröff­ne­te Aka­de­mie wie­der abzu­wi­ckeln.

Es ist vor allem dem diplo­ma­ti­schen Geschick von Heinz Rath­sack – der bis zu sei­nem Tod 1989 im Amt blei­ben wird – zu ver­dan­ken, dass es wei­ter­geht. Das fol­gen­de Jahr­zehnt ist geprägt von poli­ti­schem Fil­me­ma­chen. Neben­ein­an­der­her ent­ste­hen die Spiel­fil­me der „Ber­li­ner Schu­le des Arbei­ter­films“ von Stu­die­ren­den und Absolvent:innen wie Chris­ti­an Zie­wer, Max Wil­lutz­ki, Ingo Kra­tisch oder Mari­an­ne Lüd­cke, poli­ti­sche Doku­men­ta­tio­nen und die eini­ge der ers­ten femi­nis­ti­schen Fil­me der Bun­des­re­pu­blik.

Mit dem Jahr­gang 1979 ver­än­dert sich etwas: Zum ers­ten Mal seit der Grün­dung wer­den mehr Frau­en als Män­ner auf­ge­nom­men und Fil­me­ma­che­rin­nen wie Ute Aurand, Lily Gro­te, Bär­bel Freund, Ulri­ke Pfeif­fer, Iri­na Hop­pe oder Ilo­na Baltrusch brin­gen in den kom­men­den Jah­ren neu­es und vor allem expe­ri­men­tel­les Leben in die blei­er­ne Polit­film­ka­der­schmie­de.

Mit Okay, okay. Der moder­ne Tanz, dem expe­ri­men­tel­len Erst­jah­res­film von Chris­toph Dre­her und Hei­ner Müh­len­b­rock, bricht im sel­ben Jahr die Kul­tur von Punk und New Wave über die DFFB ein. Nick Cave tritt in meh­re­ren Fil­men von Stu­die­ren­den auf, lebt zeit­wei­lig in der­sel­ben Fabrik­eta­ge wie Dre­her und Müh­len­b­rock und schließ­lich folgt ihm Uli M. Schüp­pel auf sei­ner US-Tour­nee, The Road to God Knows Whe­re. Zahl­lo­se expe­ri­men­tel­le Film- und Video­ar­bei­ten ent­ste­hen und lang­sam erwacht ein erneu­tes Inter­es­se am Spiel­film.

Wäh­rend Lud­ger Blan­ke, Wolf­gang Schmidt, Georg Maas, Micha­el Freerix oder Chris­toph Wil­lems schrä­ge Sla­cker­fil­me vol­ler Humor dreh­ten, gab es zeit­gleich erst­mals seit den Anfän­gen wie­der stär­ke­re Ambi­tio­nen ins kom­mer­zi­el­le Film- und Fern­seh­ge­schäft ein­zu­stei­gen. Am bes­ten gelingt dies Wolf­gang Becker und Det­lev Buck – letz­te­rer, ein Bau­ern­sohn aus Schles­wig-Hol­stein, „bestach“ der Legen­de nach die Kom­mis­si­on bei der Auf­nah­me­prü­fung mit einem Sack Kar­tof­feln.

 

Die DFFB ab den 90er- Jah­ren

Noch in der Ära von Heinz Rath­sack, die mit des­sen Tod im Dezem­ber 1989 endet und auf die zwei kur­ze Direk­to­ren­in­ter­mez­zi mit Mar­tin Wie­bel und Tho­mas Koeb­ner fol­gen, beginnt eine neue Strö­mung des Autoren­ki­nos an der DFFB zu erwach­sen, die um das Jahr 2000 schließ­lich mit einem Label ver­se­hen wird: Ber­li­ner Schu­le. Deren Prot­ago­nis­ten Chris­ti­an Pet­zold, Tho­mas Ars­lan und Ange­la Scha­nelec sind bis heu­te die Aus­hän­ge­schil­der die­ser Ära geblie­ben.

In den zwölf Jah­ren sei­ner Amts­zeit setzt Rein­hardt Hauff ab 1993 auf Pro­fes­sio­na­li­sie­rung und führt neben den Kern­kom­pe­ten­zen Regie und Kame­ra die neu­en Stu­di­en­gän­ge Dreh­buch und Pro­duk­ti­on ein. Die Zusam­men­ar­beit mit Fern­seh­sen­dern wird aus­ge­baut, wodurch die Stu­die­ren­den zuneh­mend die Mög­lich­keit bekom­men, abend­fül­len­de Abschluss­fil­me zu dre­hen, von denen eini­ge auch ins Kino gebracht wer­den kön­nen, dar­un­ter Plus minus Null, Ber­lin is in Ger­ma­ny oder Mit­fah­rer.

Absol­ven­ten wie Chris Kraus, Eoin Moo­re, Hen­drik Hand­loeg­ten, Han­nu Salo­nen, Mar­tin Eig­ler oder Lars Krau­me gehö­ren heu­te zu den Stamm­re­gis­seu­ren und Autoren der deut­schen Kino- und Fern­seh­land­schaft.

 

Die DFFB seit 2005

Nach dem Rück­tritt von DFFB-Direk­tor Rein­hard Hauff 2005 kommt es zu Pro­tes­ten der Stu­die­ren­den, die das Beru­fungs­ver­fah­ren, das zusam­men mit der Uni­ver­si­tät der Küns­te durch­ge­führt wird, als intrans­pa­rent kri­ti­sie­ren. Schließ­lich wird Hart­mut Bitom­sky, Wunsch­kan­di­dat vie­ler Stu­die­ren­der, 2006 Direk­tor der DFFB. Nach dem Rück­tritt von Hart­mut Bitom­sky 2009 wird nach einem Beru­fungs­ver­fah­ren Jan Schüt­te zum Nach­fol­ger ernannt. In den nächs­ten Jah­ren ent­ste­hen erfolg­rei­che Fil­me wie Oh Boy von Jan Ole Gers­ter und Fes­ti­val­lieb­lin­ge wie Das merk­wür­di­ge Kätz­chen von Ramon Zür­cher, Ich will mich nicht künst­lich auf­re­gen von Max Linz oder Juli­an Radl­mai­ers Ein pro­le­ta­ri­sches Win­ter­mär­chen. Nach dem Weg­gang von Jan Schüt­te 2014 gibt es erheb­li­che Dif­fe­ren­zen zwi­schen Stu­die­ren­den und dem Kura­to­ri­um über das Beru­fungs­ver­fah­ren und die Betei­li­gung der Stu­die­ren­den. 2015 wird Ben Gib­son nach einer aka­de­mie­öf­fent­li­chen Vor­stel­lung der Kandidat:innen 2015 von einer Beru­fungs­kom­mis­si­on zum neu­en Direk­tor der DFFB gewählt.

Mit dem Weg­gang von Ben Gib­son hat bis Ende Juli 2021 San­dra Braun die kom­mis­sa­ri­sche Lei­tung der DFFB über­nom­men. Ab dem 1. August 2021 lei­te­ten Cathe­ri­ne Ann Ber­ger als kauf­män­ni­sche Direk­to­rin und Marie Wil­ke als künst­le­ri­sche Direk­to­rin die DFFB gemein­sam, ab August 2022 war Cathe­ri­ne Ann Ber­ger allei­ni­ge Geschäfts­füh­re­rin der DFFB. Seit dem 15. Sep­tem­ber 2023 führt Wolf Ples­mann als Geschäfts­füh­rer die DFFB.

 

Fabi­an Tiet­ke, Fre­de­rik Lang & Ralph Eue