Monat: Mai 2019

Hauff und das Hai­fisch­be­cken

Hauff und das Hai­fisch­be­cken

Als ich im Jahr 2000 an die DFFB kam, hat­te Rein­hard Hauff als Direk­tor die Aka­de­mie an die Spit­ze der deut­schen Film­schu­len gebracht, und ich dach­te, nach dem auf­wen­di­gen Bewer­bungs­pro­zess und der gro­ßen Kon­kur­renz, gegen die ich mich durch­ge­setzt hat­te, dass ich es mit mei­ner Auf­nah­me bereits geschafft haben muss­te: Die Film­bran­che wür­de mir von nun an zu Füßen lie­gen! Doch Pus­te­ku­chen – es war noch ein wei­ter Weg und ich hat­te nicht mit Rein­hard Hauff gerech­net! Als Regis­seur hat­te Hauff zwar stets Auto­ri­tä­ten in Fra­ge gestellt, aber mitt­ler­wei­le war er sel­ber eine gewor­den und gab ganz offen zu, mit sei­nen Stu­den­ten hart ins Gericht zu gehen. Das sei jedoch nur eine gelin­de Feu­er­tau­fe für das, was einen da drau­ßen im Hai­fisch­be­cken der Film­in­dus­trie wirk­lich erwar­te. Wer sich schon von einem kri­tik­freu­di­gen Schul­lei­ter ein­schüch­tern lie­ße, sol­le sich sein Berufs­wunsch in der Film­welt noch ein­mal gut über­le­gen. Ich war der jüngs­te Regie­stu­dent in mei­nem Jahr­gang, gera­de erst zu Hau­se aus­ge­zo­gen und konn­te Hauffs Grund­kri­tik an mei­ner Gene­ra­ti­on, die nichts Dring­li­ches zu erzäh­len habe, außer ihren harm­lo­sen Mit­tel­stands­pro­blem­chen, wenig ent­ge­gen­set­zen. Als ich, wie schon in mei­nem Bewer­bungs­film, auch in mei­nem Erst­jah­res­film als Haupt­dar­stel­ler in der Rol­le des Milch­bu­bis für eine auto­bio­gra­fi­sche Geschich­te vor die Kame­ra trat, kün­dig­te Hauff die Urauf­füh­rung des Kurz­films vor ver­sam­mel­ter Stu­den­ten­schaft mit den Wor­ten an: „Sehen Sie nun: David Sie­ve­king, das letz­te Mal in sei­nem eige­nen Film!“ Ich soll­te mich gefäl­ligst auf mei­ne Rol­le als Regis­seur kon­zen­trie­ren und nicht auch noch vor der Kame­ra her­um­ham­peln. Ich tat dann auch wie gehei­ßen und arbei­te­te mich den Rest mei­nes Stu­di­ums bis zum Abschluss­film an mei­ner Rol­le hin­ter der Kame­ra ab, wobei ich wei­ter­hin kräf­tig ein­ste­cken muss­te. Mei­nen Zweit­jah­res­film sie­del­te ich extra in Indi­en an, um Hauff zu zei­gen, wie welt­läu­fig ich bin. Doch bei der Test­vor­füh­rung im Schnei­de­raum schlief der Direk­tor vor Lan­ge­wei­le ein und schimpf­te beim Auf­wa­chen über mei­nen däm­li­chen „TUI-Humor“. Erst durch eine Schau­spiel­übung im drit­ten Jahr kamen wir uns näher. Ich ließ dar­in zwei Schau­spie­ler in doku­men­ta­ri­scher Umge­bung impro­vi­sie­ren und nahm den Man­gel an poli­ti­schem Inter­es­se und Soli­da­ri­tät mei­ner Zeit­ge­nos­sen gegen­über dem Irak-Feld­zug der Bush-Admi­nis­tra­ti­on im Jahr 2003 aufs Korn. Rein­hard Hauff war begeis­tert: End­lich mal ein rele­van­tes The­ma! Er über­häuf­te mich mit kri­ti­schen Mate­ria­li­en zur impe­ria­lis­ti­schen US-Außen­po­li­tik. Tat­säch­lich wur­de die­ser klei­ne Kurz­film ein Fes­ti­val-Hit, gewann Prei­se und lief auf der gan­zen Welt.Bei mei­nem Kino­de­büt erin­ner­te ich mich schließ­lich an mei­ne Wur­zeln und dach­te mir, dass von Hauff zu ler­nen auch hei­ßen muss­te, nicht zu gehor­chen, son­dern rebel­lisch und unver­dros­sen sei­ner inne­ren Stim­me zu fol­gen. So bin ich wie­der vor die Kame­ra getre­ten und habe mitt­ler­wei­le drei auto­bio­gra­fi­sche Doku­men­tar­fil­me gedreht, die nicht nur um Mit­tel­stands­pro­ble­me krei­sen und alle im Kino lie­fen, der zwei­te sogar rela­tiv erfolg­reich. Lei­der hat mein letz­ter Film die Erwar­tun­gen an Zuschau­er­zah­len arg ent­täuscht und wur­de auch in den Medi­en stark ange­fein­det. Da fühl­te ich das Hai­fisch­be­cken wie­der ganz deut­lich, vor dem Hauff uns gewarnt hat­te. Hat­te ich mich ver­rannt? In die­ser Sinn­kri­se klin­gel­te mein Tele­fon, dran war Direx Hauff, der mir zum ers­ten Mal per­sön­lich zu einem Film gra­tu­lier­te! Der sei trotz böser Pres­se ganz her­vor­ra­gend und ich sol­le mich vom Gegen­wind nicht ver­drie­ßen las­sen – da wuss­te ich wie­der, dass ich noch auf dem rich­ti­gen Weg bin!
Dan­ke, lie­ber Rein­hard, für Dei­nen uner­müd­li­chen Ein­satz – lass Dich nicht unter­krie­gen!

DAVID SIEVEKING /​ REGIE /​ 2000

Alum­ni schlie­ßen sich unse­ren Glück­wün­schen an Rein­hard Hauff zum 80. Geburts­tag an!

Uns haben zahl­rei­che Glück­wün­sche von Alum­ni erreicht, die unter unse­rem ehe­ma­li­gen Direk­tor Rein­hard Hauff an der DFFB stu­diert haben und sich unse­ren Glück­wün­schen anschlie­ßen möch­ten.

Da wir ein gro­ßer Ver­fech­ter der Geburts­tags­wo­che sind ‑Was ist schon ein Tag?-, möch­ten wir die schö­nen und per­sön­li­chen Wor­te, die Achim von Bor­ries, Emi­ly Atef, Adri­an Stäh­li, Han­na Doo­se, Chris Kraus, Kat­ja Fedu­l­o­va, David Sie­vel­king, Réca Kinc­ses, Hen­drik Hand­loeg­ten, Lars Krau­me, Mar­kus Zucker und wei­te­re Alum­ni gefun­den haben, mit euch tei­len. Wir freu­en uns sehr dar­über, dass die Ver­bin­dung zwi­schen der Aka­de­mie und den Film­schaf­fen­den auch nach dem Abschluss sehr per­sön­lich bleibt.

In die­sem Sin­ne: Noch­mals herz­li­chen Glück­wunsch von uns allen zum acht­zigs­ten Geburts­tag, lie­ber Rein­hard Hauff! Hoch sollst du leben!

Humor und Hauff

Humor!

Und was für ein iro­nisch schil­lern­der Humor unter der Camou­fla­ge melan­cho­li­schen Grimms! Als Stu­den­ten oder gar Stu­den­tin­nen woll­te Rein­hard kei­ne Veil­chen im Moo­se, sitt­sam, beschei­den und rein. Er sel­ber ist auch keins. Dem Film­nach­wuchs war er mor­gens ein wun­der­schö­ner Kak­tus, mit­tags eine schat­ten­spen­den­de Pal­me, abends ein Heil­kräut­lein (die Kraft der Melis­se), des Nachts viel­leicht eine hal­lu­zi­no­ge­ne Hanf­pflan­ze – wer weiß? Vivat und Ver­eh­rung und anbei eine Kari­ka­tur aus alten DFFB-Zei­ten (1997), die mir ver­ge­ben wer­den möge von einem gro­ßen Her­zen. Mit den bes­ten Wün­schen!

CHRIS KRAUS /​ DREHBUCH /​ 1991

 

Lie­ber Rein­hard Hauff,

„Zieht los und macht Fil­me!“ waren Dei­ne geflügelten Wor­te, die du bei jeder Gele­gen­heit verkündet hast. Schließ­lich gelingt es den Ame­ri­ka­nern auch, Fil­me mit drei Kre­dit­kar­ten zu dre­hen. Auf Filmförderung zu war­ten ist Zeit­ver­schwen­dung. Streng warst Du als Direk­tor, aber nur, damit wir uns kei­nen Illu­sio­nen hin­ge­ben, denn der Markt da drau­ßen sei noch viel härter! Streng, aber ein wei­ches Herz, so habe ich Dich in Erin­ne­rung. Gern zu einem Spaß auf­ge­legt, aber auch auf­brau­send und for­dernd. Von Dir habe ich gelernt, dass man Regeln auch bre­chen darf, wenn man sich sei­ner Sache sicher ist. Selbst bei von Dir auf­ge­stell­ten Regeln und Ver­bo­ten. Das habe ich mit­ge­nom­men aus der DFFB-Zeit unter dei­ner Lei­tung. Regeln sind zum Bre­chen da, spe­zi­ell beim Film gilt alles nur, bis jemand das Gegen­teil bewie­sen hat. So ent­wi­ckelt sich Film­spra­che wei­ter und so habe ich im Lau­fe mei­nes Kame­ra­lebens auch mit gro­ßer Freu­de gese­hen, wie ein paar Dog­men umge­schmis­sen und wider­legt wur­den. Lie­ber Rein­hard Hauff, alles Gute zu Dei­nem acht­zigs­ten Geburts­tag!

ADRIAN STÄHLI /​ KAMERA /​ 2000

 

Sie haben mir mal gesagt: Machen sie Fil­me über Frau­en, die ande­re Sei­te ist schon belegt. Das blieb ein wich­ti­ger Satz für mich. Herr Hauff, ich wünsche Ihnen, dass sie noch lan­ge leben und min­des­tens noch ein­mal an die DFFB kom­men und mor­gens um Zehn in der Cafe­te­ria ste­hen, an den Tre­sen gelehnt. Und das ich an die­sem Tag zufällig vor­bei­schaue. Alles Gute zum Geburts­tag! Und vie­le lie­be Grüße auch von Jakob!

RÉCA KINCSES /​ REGIE /​ 2000 & JAKOB WEHRMANN /​ KAMERA /​ 1996

 

Lie­ber Rein­hard,

hättest Du damals nicht die DFFB übernommen, hättest nicht Türen und Fens­ter dort auf­ge­sto­ßen, fri­schen Wind her­ein­ge­las­sen, alles auf den Kopf gestellt, auch uns – und vor allem: hättest du sie nicht entzündet, unse­re Köpfe, ja dann, dann …  Gott­sei­dank alles Kon­junk­ti­ve, so warst und bist Du ein Glücksfall, nicht nur für mein (beruf­li­ches) Leben. Alles Gute, lass Dich fei­ern, wir sto­ßen in Ber­lin auf Dich an!

ACHIM VON BORRIES /​ REGIE /​ 1992

 

Lie­ber Rein­hard,

es gibt Leu­te, die behaup­ten, Du wür­dest schon 80?!
Ich hal­te das für Quatsch, denn es fühlt sich qua­si wie ges­tern an, dass Du uns mor­gens um kurz nach Zehn auf dem Flur Bei­ne gemacht hast, dass Du Dich mit jedem noch so kur­zem Kurz­film­dreh­buch per­sön­lich aus­ein­an­der­ge­setzt hast, dass Du mir am Tele­fon gesagt hast, ich wür­de Dir auf die Ner­ven gehen, weil ich dach­te, zwei Fil­me auf ein­mal machen zu kön­nen, dass Du uns jede Woche die span­nends­ten Fil­me­ma­cher aus der gan­zen Welt in die Schu­le hol­test (wie Wer­ner Her­zog, Har­vey Kei­tel, Elia Kazan oder Bruce La Bruce), wobei Du ein­mal Micha­el Hand­ke im DFFB Kino zu „71 Frag­men­te einer Chro­no­lo­gie des Zufalls“ gefragt hast, ob die Kame­ra bei ihm absicht­lich so schei­ße ist. Kurz­um: Es kommt mir vor wie ges­tern, dass Du jeden Tag von mor­gens bis nachts die Aka­de­mie gelei­tet hast und für uns ein Men­tor warst, wie man ihn bes­ser gar nicht fin­den kann. Hät­te ich einen De Loran wie Micha­el J. Fox in „Zurück in die Zukunft“, dann wür­de ich noch­mal ins Jahr ’94 rei­sen, als wir uns ken­nen­ge­lernt haben. Ich gra­tu­lie­re Dir zum Geburts­tag und freue mich, wenn wir uns bald mal wie­der sehen.

LARS KRAUME /​ REGIE /​ 1994

 

Lie­ber Rein­hard,

in dem Leben eines Fil­me­ma­chers gibt es unzäh­li­ge Situa­tio­nen, in denen der ver­meint­lich ein­fa­che­re Weg zum schnel­le­ren Erfolg führt. Ich mei­ne damit nicht einen küh­len Prag­ma­tis­mus, der sehr oft hilf­reich ist, son­dern den fau­len Kom­pro­miss, den Mit­tel­weg, die Kor­rup­ti­on. In die­sen Situa­tio­nen blitzt in mei­nem Inne­ren immer Dein Gesicht auf: ein fast unsicht­ba­res Kopf­schüt­teln, ein kaum hör­ba­rer ver­ächt­li­cher Laut, ein ver­schmitz­tes Lächeln … Der Bequem­lich­keit zu wider­ste­hen, das Fil­me­ma­chen als immer neue Suche zu begrei­fen, die Frei­heit der Kunst wirk­lich zu nut­zen – das habe ich von Dir gelernt. Dafür dan­ke ich Dir von gan­zem Her­zen. Hoch sollst Du leben!

HENDRIK HANDLOEGTEN /​ REGIE /​ 1993

 

Lie­ber Rein­hard Hauff,

herz­li­chen Glück­wunsch zu Ihrem 80-Jäh­ri­gen Jubi­lä­um von Patri­cia, Mar­kus, Kas­par, Kot­schi und Kol­ja! Rück­bli­ckend ein gro­ßes Dan­ke­schön für die prä­gen­de Zeit an der DFFB unter Ihrer Lei­tung. So viel Herz­blut für uns Stu­die­ren­den und so ein ein­zig­ar­ti­ges Pro­fil, dass Sie an der Aka­de­mie ver­mit­telt haben: „Low Bud­get, High Ener­gy“! Die­se Ener­gie haben wir uns auch in einer schö­nen Freund­schaft zwi­schen uns Kame­raf­rau­en und -,ännern erhal­ten. Wir fünf, hier stell­ver­tre­tend für die vie­len mehr, die sich noch regel­mä­ßig tref­fen und im Aus­tausch geblie­ben sind. Eine groß­ar­ti­ge Fei­er wün­schen wir!

PATRICIA LEWANDOWSKA, MARKUS ZUCKER, KASPAR KÖPKE, MICHAEL KOTSCHI, KOLJA RASCHKE /​ KAMERA /​ 2000 & 2001

Die DFFB gra­tu­liert ihrem ehe­ma­li­gen Direk­tor Rein­hard Hauff herz­lich zum 80. Geburts­tag!

Wir gra­tu­lie­ren Rein­hard Hauff herz­lich zum 80. Geburts­tag und wün­schen ihm alles Gute, bes­te Gesund­heit und eine wun­der­ba­re Fei­er!

Der Fern­seh­ma­cher, Kino­re­gis­seur und Ehren­preis­trä­ger des Deut­schen Film­prei­ses hat die DFFB wäh­rend sei­ner Direk­ti­on von 1993 bis 2005 nach­hal­tig geprägt. Unter dem Mot­to „LOW BUDGET – HIGH ENERGY“ hat er Stu­die­ren­de und Mit­ar­bei­ten­de zu Höchst­leis­tun­gen ange­spornt, mit Dreh­buch und Pro­duk­ti­on zwei neue Stu­di­en­gän­ge eta­bliert, den Umzug ins Film­haus rea­li­siert und hier vie­le groß­ar­ti­ge Filmemacher*innen – dar­un­ter Emi­ly Atef, Achim von Bor­ries und Lars Krau­me – aus­ge­bil­det. Sei­ne Rei­bungs­be­reit­schaft ist bis heu­te essen­zi­ell cha­rak­ter­stif­tend für die Aka­de­mie und ihre Stu­die­ren­den.

Um es mit einem Bild aus unse­rem Archiv zu sagen:

Wir bedan­ken uns bei Rein­hard Hauff für all die Ener­gie, Krea­ti­vi­tät und Beharr­lich­keit, die er wäh­rend sei­ner Zeit im Film­haus in die Aka­de­mie inves­tiert hat – und die das Stu­di­um und die Filmemacher*innen der DFFB bis heu­te beein­flus­sen!