Hauff und das Haifischbecken

Hauff und das Haifischbecken

Als ich im Jahr 2000 an die DFFB kam, hatte Reinhard Hauff als Direktor die Akademie an die Spitze der deutschen Filmschulen gebracht, und ich dachte, nach dem aufwendigen Bewerbungsprozess und der großen Konkurrenz, gegen die ich mich durchgesetzt hatte, dass ich es mit meiner Aufnahme bereits geschafft haben musste: Die Filmbranche würde mir von nun an zu Füßen liegen! Doch Pustekuchen – es war noch ein weiter Weg und ich hatte nicht mit Reinhard Hauff gerechnet! Als Regisseur hatte Hauff zwar stets Autoritäten in Frage gestellt, aber mittlerweile war er selber eine geworden und gab ganz offen zu, mit seinen Studenten hart ins Gericht zu gehen. Das sei jedoch nur eine gelinde Feuertaufe für das, was einen da draußen im Haifischbecken der Filmindustrie wirklich erwarte. Wer sich schon von einem kritikfreudigen Schulleiter einschüchtern ließe, solle sich sein Berufswunsch in der Filmwelt noch einmal gut überlegen. Ich war der jüngste Regiestudent in meinem Jahrgang, gerade erst zu Hause ausgezogen und konnte Hauffs Grundkritik an meiner Generation, die nichts Dringliches zu erzählen habe, außer ihren harmlosen Mittelstandsproblemchen, wenig entgegensetzen. Als ich, wie schon in meinem Bewerbungsfilm, auch in meinem Erstjahresfilm als Hauptdarsteller in der Rolle des Milchbubis für eine autobiografische Geschichte vor die Kamera trat, kündigte Hauff die Uraufführung des Kurzfilms vor versammelter Studentenschaft mit den Worten an: „Sehen Sie nun: David Sieveking, das letzte Mal in seinem eigenen Film!“ Ich sollte mich gefälligst auf meine Rolle als Regisseur konzentrieren und nicht auch noch vor der Kamera herumhampeln. Ich tat dann auch wie geheißen und arbeitete mich den Rest meines Studiums bis zum Abschlussfilm an meiner Rolle hinter der Kamera ab, wobei ich weiterhin kräftig einstecken musste. Meinen Zweitjahresfilm siedelte ich extra in Indien an, um Hauff zu zeigen, wie weltläufig ich bin. Doch bei der Testvorführung im Schneideraum schlief der Direktor vor Langeweile ein und schimpfte beim Aufwachen über meinen dämlichen „TUI-Humor“. Erst durch eine Schauspielübung im dritten Jahr kamen wir uns näher. Ich ließ darin zwei Schauspieler in dokumentarischer Umgebung improvisieren und nahm den Mangel an politischem Interesse und Solidarität meiner Zeitgenossen gegenüber dem Irak-Feldzug der Bush-Administration im Jahr 2003 aufs Korn. Reinhard Hauff war begeistert: Endlich mal ein relevantes Thema! Er überhäufte mich mit kritischen Materialien zur imperialistischen US-Außenpolitik. Tatsächlich wurde dieser kleine Kurzfilm ein Festival-Hit, gewann Preise und lief auf der ganzen Welt.Bei meinem Kinodebüt erinnerte ich mich schließlich an meine Wurzeln und dachte mir, dass von Hauff zu lernen auch heißen musste, nicht zu gehorchen, sondern rebellisch und unverdrossen seiner inneren Stimme zu folgen. So bin ich wieder vor die Kamera getreten und habe mittlerweile drei autobiografische Dokumentarfilme gedreht, die nicht nur um Mittelstandsprobleme kreisen und alle im Kino liefen, der zweite sogar relativ erfolgreich. Leider hat mein letzter Film die Erwartungen an Zuschauerzahlen arg enttäuscht und wurde auch in den Medien stark angefeindet. Da fühlte ich das Haifischbecken wieder ganz deutlich, vor dem Hauff uns gewarnt hatte. Hatte ich mich verrannt? In dieser Sinnkrise klingelte mein Telefon, dran war Direx Hauff, der mir zum ersten Mal persönlich zu einem Film gratulierte! Der sei trotz böser Presse ganz hervorragend und ich solle mich vom Gegenwind nicht verdrießen lassen – da wusste ich wieder, dass ich noch auf dem richtigen Weg bin!
Danke, lieber Reinhard, für Deinen unermüdlichen Einsatz – lass Dich nicht unterkriegen!

DAVID SIEVEKING / REGIE / 2000

Alumni schließen sich unseren Glückwünschen an Reinhard Hauff zum 80. Geburtstag an!

Uns haben zahlreiche Glückwünsche von Alumni erreicht, die unter unserem ehemaligen Direktor Reinhard Hauff an der DFFB studiert haben und sich unseren Glückwünschen anschließen möchten.

Da wir ein großer Verfechter der Geburtstagswoche sind -Was ist schon ein Tag?-, möchten wir die schönen und persönlichen Worte, die Achim von Borries, Emily Atef, Adrian Stähli, Hanna Doose, Chris Kraus, Katja Fedulova, David Sievelking, Réca Kincses, Hendrik Handloegten, Lars Kraume, Markus Zucker und weitere Alumni gefunden haben, mit euch teilen. Wir freuen uns sehr darüber, dass die Verbindung zwischen der Akademie und den Filmschaffenden auch nach dem Abschluss sehr persönlich bleibt.

In diesem Sinne: Nochmals herzlichen Glückwunsch von uns allen zum achtzigsten Geburtstag, lieber Reinhard Hauff! Hoch sollst du leben!

Humor und Hauff

Humor!

Und was für ein ironisch schillernder Humor unter der Camouflage melancholischen Grimms! Als Studenten oder gar Studentinnen wollte Reinhard keine Veilchen im Moose, sittsam, bescheiden und rein. Er selber ist auch keins. Dem Filmnachwuchs war er morgens ein wunderschöner Kaktus, mittags eine schattenspendende Palme, abends ein Heilkräutlein (die Kraft der Melisse), des Nachts vielleicht eine halluzinogene Hanfpflanze – wer weiß? Vivat und Verehrung und anbei eine Karikatur aus alten DFFB-Zeiten (1997), die mir vergeben werden möge von einem großen Herzen. Mit den besten Wünschen!

CHRIS KRAUS / DREHBUCH / 1991

 

Lieber Reinhard Hauff,

„Zieht los und macht Filme!“ waren Deine geflügelten Worte, die du bei jeder Gelegenheit verkündet hast. Schließlich gelingt es den Amerikanern auch, Filme mit drei Kreditkarten zu drehen. Auf Filmförderung zu warten ist Zeitverschwendung. Streng warst Du als Direktor, aber nur, damit wir uns keinen Illusionen hingeben, denn der Markt da draußen sei noch viel härter! Streng, aber ein weiches Herz, so habe ich Dich in Erinnerung. Gern zu einem Spaß aufgelegt, aber auch aufbrausend und fordernd. Von Dir habe ich gelernt, dass man Regeln auch brechen darf, wenn man sich seiner Sache sicher ist. Selbst bei von Dir aufgestellten Regeln und Verboten. Das habe ich mitgenommen aus der DFFB-Zeit unter deiner Leitung. Regeln sind zum Brechen da, speziell beim Film gilt alles nur, bis jemand das Gegenteil bewiesen hat. So entwickelt sich Filmsprache weiter und so habe ich im Laufe meines Kameralebens auch mit großer Freude gesehen, wie ein paar Dogmen umgeschmissen und widerlegt wurden. Lieber Reinhard Hauff, alles Gute zu Deinem achtzigsten Geburtstag!

ADRIAN STÄHLI / KAMERA / 2000

 

Sie haben mir mal gesagt: Machen sie Filme über Frauen, die andere Seite ist schon belegt. Das blieb ein wichtiger Satz für mich. Herr Hauff, ich wünsche Ihnen, dass sie noch lange leben und mindestens noch einmal an die DFFB kommen und morgens um Zehn in der Cafeteria stehen, an den Tresen gelehnt. Und das ich an diesem Tag zufällig vorbeischaue. Alles Gute zum Geburtstag! Und viele liebe Grüße auch von Jakob!

RÉCA KINCSES / REGIE / 2000 & JAKOB WEHRMANN / KAMERA / 1996

 

Lieber Reinhard,

hättest Du damals nicht die DFFB übernommen, hättest nicht Türen und Fenster dort aufgestoßen, frischen Wind hereingelassen, alles auf den Kopf gestellt, auch uns – und vor allem: hättest du sie nicht entzündet, unsere Köpfe, ja dann, dann …  Gottseidank alles Konjunktive, so warst und bist Du ein Glücksfall, nicht nur für mein (berufliches) Leben. Alles Gute, lass Dich feiern, wir stoßen in Berlin auf Dich an!

ACHIM VON BORRIES / REGIE / 1992

 

Lieber Reinhard,

es gibt Leute, die behaupten, Du würdest schon 80?!
Ich halte das für Quatsch, denn es fühlt sich quasi wie gestern an, dass Du uns morgens um kurz nach Zehn auf dem Flur Beine gemacht hast, dass Du Dich mit jedem noch so kurzem Kurzfilmdrehbuch persönlich auseinandergesetzt hast, dass Du mir am Telefon gesagt hast, ich würde Dir auf die Nerven gehen, weil ich dachte, zwei Filme auf einmal machen zu können, dass Du uns jede Woche die spannendsten Filmemacher aus der ganzen Welt in die Schule holtest (wie Werner Herzog, Harvey Keitel, Elia Kazan oder Bruce La Bruce), wobei Du einmal Michael Handke im DFFB Kino zu „71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls“ gefragt hast, ob die Kamera bei ihm absichtlich so scheiße ist. Kurzum: Es kommt mir vor wie gestern, dass Du jeden Tag von morgens bis nachts die Akademie geleitet hast und für uns ein Mentor warst, wie man ihn besser gar nicht finden kann. Hätte ich einen De Loran wie Michael J. Fox in „Zurück in die Zukunft“, dann würde ich nochmal ins Jahr ’94 reisen, als wir uns kennengelernt haben. Ich gratuliere Dir zum Geburtstag und freue mich, wenn wir uns bald mal wieder sehen.

LARS KRAUME / REGIE / 1994

 

Lieber Reinhard,

in dem Leben eines Filmemachers gibt es unzählige Situationen, in denen der vermeintlich einfachere Weg zum schnelleren Erfolg führt. Ich meine damit nicht einen kühlen Pragmatismus, der sehr oft hilfreich ist, sondern den faulen Kompromiss, den Mittelweg, die Korruption. In diesen Situationen blitzt in meinem Inneren immer Dein Gesicht auf: ein fast unsichtbares Kopfschütteln, ein kaum hörbarer verächtlicher Laut, ein verschmitztes Lächeln … Der Bequemlichkeit zu widerstehen, das Filmemachen als immer neue Suche zu begreifen, die Freiheit der Kunst wirklich zu nutzen – das habe ich von Dir gelernt. Dafür danke ich Dir von ganzem Herzen. Hoch sollst Du leben!

HENDRIK HANDLOEGTEN / REGIE / 1993

 

Lieber Reinhard Hauff,

herzlichen Glückwunsch zu Ihrem 80-Jährigen Jubiläum von Patricia, Markus, Kaspar, Kotschi und Kolja! Rückblickend ein großes Dankeschön für die prägende Zeit an der DFFB unter Ihrer Leitung. So viel Herzblut für uns Studierenden und so ein einzigartiges Profil, dass Sie an der Akademie vermittelt haben: „Low Budget, High Energy“! Diese Energie haben wir uns auch in einer schönen Freundschaft zwischen uns Kamerafrauen und -,ännern erhalten. Wir fünf, hier stellvertretend für die vielen mehr, die sich noch regelmäßig treffen und im Austausch geblieben sind. Eine großartige Feier wünschen wir!

PATRICIA LEWANDOWSKA, MARKUS ZUCKER, KASPAR KÖPKE, MICHAEL KOTSCHI, KOLJA RASCHKE / KAMERA / 2000 & 2001

Die DFFB gratuliert ihrem ehemaligen Direktor Reinhard Hauff herzlich zum 80. Geburtstag!

Wir gratulieren Reinhard Hauff herzlich zum 80. Geburtstag und wünschen ihm alles Gute, beste Gesundheit und eine wunderbare Feier!

Der Fernsehmacher, Kinoregisseur und Ehrenpreisträger des Deutschen Filmpreises hat die DFFB während seiner Direktion von 1993 bis 2005 nachhaltig geprägt. Unter dem Motto „LOW BUDGET – HIGH ENERGY“ hat er Studierende und Mitarbeitende zu Höchstleistungen angespornt, mit Drehbuch und Produktion zwei neue Studiengänge etabliert, den Umzug ins Filmhaus realisiert und hier viele großartige Filmemacher*innen – darunter Emily Atef, Achim von Borries und Lars Kraume – ausgebildet. Seine Reibungsbereitschaft ist bis heute essenziell charakterstiftend für die Akademie und ihre Studierenden.

Um es mit einem Bild aus unserem Archiv zu sagen:

Wir bedanken uns bei Reinhard Hauff für all die Energie, Kreativität und Beharrlichkeit, die er während seiner Zeit im Filmhaus in die Akademie investiert hat – und die das Studium und die Filmemacher*innen der DFFB bis heute beeinflussen!