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Hauff und das Hai­fisch­be­cken

Hauff und das Hai­fisch­be­cken

Als ich im Jahr 2000 an die DFFB kam, hat­te Rein­hard Hauff als Direk­tor die Aka­de­mie an die Spit­ze der deut­schen Film­schu­len gebracht, und ich dach­te, nach dem auf­wen­di­gen Bewer­bungs­pro­zess und der gro­ßen Kon­kur­renz, gegen die ich mich durch­ge­setzt hat­te, dass ich es mit mei­ner Auf­nah­me bereits geschafft haben muss­te: Die Film­bran­che wür­de mir von nun an zu Füßen lie­gen! Doch Pus­te­ku­chen – es war noch ein wei­ter Weg und ich hat­te nicht mit Rein­hard Hauff gerech­net! Als Regis­seur hat­te Hauff zwar stets Auto­ri­tä­ten in Fra­ge gestellt, aber mitt­ler­wei­le war er sel­ber eine gewor­den und gab ganz offen zu, mit sei­nen Stu­den­ten hart ins Gericht zu gehen. Das sei jedoch nur eine gelin­de Feu­er­tau­fe für das, was einen da drau­ßen im Hai­fisch­be­cken der Film­in­dus­trie wirk­lich erwar­te. Wer sich schon von einem kri­tik­freu­di­gen Schul­lei­ter ein­schüch­tern lie­ße, sol­le sich sein Berufs­wunsch in der Film­welt noch ein­mal gut über­le­gen. Ich war der jüngs­te Regie­stu­dent in mei­nem Jahr­gang, gera­de erst zu Hau­se aus­ge­zo­gen und konn­te Hauffs Grund­kri­tik an mei­ner Gene­ra­ti­on, die nichts Dring­li­ches zu erzäh­len habe, außer ihren harm­lo­sen Mit­tel­stands­pro­blem­chen, wenig ent­ge­gen­set­zen. Als ich, wie schon in mei­nem Bewer­bungs­film, auch in mei­nem Erst­jah­res­film als Haupt­dar­stel­ler in der Rol­le des Milch­bu­bis für eine auto­bio­gra­fi­sche Geschich­te vor die Kame­ra trat, kün­dig­te Hauff die Urauf­füh­rung des Kurz­films vor ver­sam­mel­ter Stu­den­ten­schaft mit den Wor­ten an: „Sehen Sie nun: David Sie­ve­king, das letz­te Mal in sei­nem eige­nen Film!“ Ich soll­te mich gefäl­ligst auf mei­ne Rol­le als Regis­seur kon­zen­trie­ren und nicht auch noch vor der Kame­ra her­um­ham­peln. Ich tat dann auch wie gehei­ßen und arbei­te­te mich den Rest mei­nes Stu­di­ums bis zum Abschluss­film an mei­ner Rol­le hin­ter der Kame­ra ab, wobei ich wei­ter­hin kräf­tig ein­ste­cken muss­te. Mei­nen Zweit­jah­res­film sie­del­te ich extra in Indi­en an, um Hauff zu zei­gen, wie welt­läu­fig ich bin. Doch bei der Test­vor­füh­rung im Schnei­de­raum schlief der Direk­tor vor Lan­ge­wei­le ein und schimpf­te beim Auf­wa­chen über mei­nen däm­li­chen „TUI-Humor“. Erst durch eine Schau­spiel­übung im drit­ten Jahr kamen wir uns näher. Ich ließ dar­in zwei Schau­spie­ler in doku­men­ta­ri­scher Umge­bung impro­vi­sie­ren und nahm den Man­gel an poli­ti­schem Inter­es­se und Soli­da­ri­tät mei­ner Zeit­ge­nos­sen gegen­über dem Irak-Feld­zug der Bush-Admi­nis­tra­ti­on im Jahr 2003 aufs Korn. Rein­hard Hauff war begeis­tert: End­lich mal ein rele­van­tes The­ma! Er über­häuf­te mich mit kri­ti­schen Mate­ria­li­en zur impe­ria­lis­ti­schen US-Außen­po­li­tik. Tat­säch­lich wur­de die­ser klei­ne Kurz­film ein Fes­ti­val-Hit, gewann Prei­se und lief auf der gan­zen Welt.Bei mei­nem Kino­de­büt erin­ner­te ich mich schließ­lich an mei­ne Wur­zeln und dach­te mir, dass von Hauff zu ler­nen auch hei­ßen muss­te, nicht zu gehor­chen, son­dern rebel­lisch und unver­dros­sen sei­ner inne­ren Stim­me zu fol­gen. So bin ich wie­der vor die Kame­ra getre­ten und habe mitt­ler­wei­le drei auto­bio­gra­fi­sche Doku­men­tar­fil­me gedreht, die nicht nur um Mit­tel­stands­pro­ble­me krei­sen und alle im Kino lie­fen, der zwei­te sogar rela­tiv erfolg­reich. Lei­der hat mein letz­ter Film die Erwar­tun­gen an Zuschau­er­zah­len arg ent­täuscht und wur­de auch in den Medi­en stark ange­fein­det. Da fühl­te ich das Hai­fisch­be­cken wie­der ganz deut­lich, vor dem Hauff uns gewarnt hat­te. Hat­te ich mich ver­rannt? In die­ser Sinn­kri­se klin­gel­te mein Tele­fon, dran war Direx Hauff, der mir zum ers­ten Mal per­sön­lich zu einem Film gra­tu­lier­te! Der sei trotz böser Pres­se ganz her­vor­ra­gend und ich sol­le mich vom Gegen­wind nicht ver­drie­ßen las­sen – da wuss­te ich wie­der, dass ich noch auf dem rich­ti­gen Weg bin!
Dan­ke, lie­ber Rein­hard, für Dei­nen uner­müd­li­chen Ein­satz – lass Dich nicht unter­krie­gen!

DAVID SIEVEKING /​ REGIE /​ 2000

Alum­ni schlie­ßen sich unse­ren Glück­wün­schen an Rein­hard Hauff zum 80. Geburts­tag an!

Uns haben zahl­rei­che Glück­wün­sche von Alum­ni erreicht, die unter unse­rem ehe­ma­li­gen Direk­tor Rein­hard Hauff an der DFFB stu­diert haben und sich unse­ren Glück­wün­schen anschlie­ßen möch­ten.

Da wir ein gro­ßer Ver­fech­ter der Geburts­tags­wo­che sind ‑Was ist schon ein Tag?-, möch­ten wir die schö­nen und per­sön­li­chen Wor­te, die Achim von Bor­ries, Emi­ly Atef, Adri­an Stäh­li, Han­na Doo­se, Chris Kraus, Kat­ja Fedu­l­o­va, David Sie­vel­king, Réca Kinc­ses, Hen­drik Hand­loeg­ten, Lars Krau­me, Mar­kus Zucker und wei­te­re Alum­ni gefun­den haben, mit euch tei­len. Wir freu­en uns sehr dar­über, dass die Ver­bin­dung zwi­schen der Aka­de­mie und den Film­schaf­fen­den auch nach dem Abschluss sehr per­sön­lich bleibt.

In die­sem Sin­ne: Noch­mals herz­li­chen Glück­wunsch von uns allen zum acht­zigs­ten Geburts­tag, lie­ber Rein­hard Hauff! Hoch sollst du leben!

Humor und Hauff

Humor!

Und was für ein iro­nisch schil­lern­der Humor unter der Camou­fla­ge melan­cho­li­schen Grimms! Als Stu­den­ten oder gar Stu­den­tin­nen woll­te Rein­hard kei­ne Veil­chen im Moo­se, sitt­sam, beschei­den und rein. Er sel­ber ist auch keins. Dem Film­nach­wuchs war er mor­gens ein wun­der­schö­ner Kak­tus, mit­tags eine schat­ten­spen­den­de Pal­me, abends ein Heil­kräut­lein (die Kraft der Melis­se), des Nachts viel­leicht eine hal­lu­zi­no­ge­ne Hanf­pflan­ze – wer weiß? Vivat und Ver­eh­rung und anbei eine Kari­ka­tur aus alten DFFB-Zei­ten (1997), die mir ver­ge­ben wer­den möge von einem gro­ßen Her­zen. Mit den bes­ten Wün­schen!

CHRIS KRAUS /​ DREHBUCH /​ 1991

 

Lie­ber Rein­hard Hauff,

„Zieht los und macht Fil­me!“ waren Dei­ne geflügelten Wor­te, die du bei jeder Gele­gen­heit verkündet hast. Schließ­lich gelingt es den Ame­ri­ka­nern auch, Fil­me mit drei Kre­dit­kar­ten zu dre­hen. Auf Filmförderung zu war­ten ist Zeit­ver­schwen­dung. Streng warst Du als Direk­tor, aber nur, damit wir uns kei­nen Illu­sio­nen hin­ge­ben, denn der Markt da drau­ßen sei noch viel härter! Streng, aber ein wei­ches Herz, so habe ich Dich in Erin­ne­rung. Gern zu einem Spaß auf­ge­legt, aber auch auf­brau­send und for­dernd. Von Dir habe ich gelernt, dass man Regeln auch bre­chen darf, wenn man sich sei­ner Sache sicher ist. Selbst bei von Dir auf­ge­stell­ten Regeln und Ver­bo­ten. Das habe ich mit­ge­nom­men aus der DFFB-Zeit unter dei­ner Lei­tung. Regeln sind zum Bre­chen da, spe­zi­ell beim Film gilt alles nur, bis jemand das Gegen­teil bewie­sen hat. So ent­wi­ckelt sich Film­spra­che wei­ter und so habe ich im Lau­fe mei­nes Kame­ra­lebens auch mit gro­ßer Freu­de gese­hen, wie ein paar Dog­men umge­schmis­sen und wider­legt wur­den. Lie­ber Rein­hard Hauff, alles Gute zu Dei­nem acht­zigs­ten Geburts­tag!

ADRIAN STÄHLI /​ KAMERA /​ 2000

 

Sie haben mir mal gesagt: Machen sie Fil­me über Frau­en, die ande­re Sei­te ist schon belegt. Das blieb ein wich­ti­ger Satz für mich. Herr Hauff, ich wünsche Ihnen, dass sie noch lan­ge leben und min­des­tens noch ein­mal an die DFFB kom­men und mor­gens um Zehn in der Cafe­te­ria ste­hen, an den Tre­sen gelehnt. Und das ich an die­sem Tag zufällig vor­bei­schaue. Alles Gute zum Geburts­tag! Und vie­le lie­be Grüße auch von Jakob!

RÉCA KINCSES /​ REGIE /​ 2000 & JAKOB WEHRMANN /​ KAMERA /​ 1996

 

Lie­ber Rein­hard,

hättest Du damals nicht die DFFB übernommen, hättest nicht Türen und Fens­ter dort auf­ge­sto­ßen, fri­schen Wind her­ein­ge­las­sen, alles auf den Kopf gestellt, auch uns – und vor allem: hättest du sie nicht entzündet, unse­re Köpfe, ja dann, dann …  Gott­sei­dank alles Kon­junk­ti­ve, so warst und bist Du ein Glücksfall, nicht nur für mein (beruf­li­ches) Leben. Alles Gute, lass Dich fei­ern, wir sto­ßen in Ber­lin auf Dich an!

ACHIM VON BORRIES /​ REGIE /​ 1992

 

Lie­ber Rein­hard,

es gibt Leu­te, die behaup­ten, Du wür­dest schon 80?!
Ich hal­te das für Quatsch, denn es fühlt sich qua­si wie ges­tern an, dass Du uns mor­gens um kurz nach Zehn auf dem Flur Bei­ne gemacht hast, dass Du Dich mit jedem noch so kur­zem Kurz­film­dreh­buch per­sön­lich aus­ein­an­der­ge­setzt hast, dass Du mir am Tele­fon gesagt hast, ich wür­de Dir auf die Ner­ven gehen, weil ich dach­te, zwei Fil­me auf ein­mal machen zu kön­nen, dass Du uns jede Woche die span­nends­ten Fil­me­ma­cher aus der gan­zen Welt in die Schu­le hol­test (wie Wer­ner Her­zog, Har­vey Kei­tel, Elia Kazan oder Bruce La Bruce), wobei Du ein­mal Micha­el Hand­ke im DFFB Kino zu „71 Frag­men­te einer Chro­no­lo­gie des Zufalls“ gefragt hast, ob die Kame­ra bei ihm absicht­lich so schei­ße ist. Kurz­um: Es kommt mir vor wie ges­tern, dass Du jeden Tag von mor­gens bis nachts die Aka­de­mie gelei­tet hast und für uns ein Men­tor warst, wie man ihn bes­ser gar nicht fin­den kann. Hät­te ich einen De Loran wie Micha­el J. Fox in „Zurück in die Zukunft“, dann wür­de ich noch­mal ins Jahr ’94 rei­sen, als wir uns ken­nen­ge­lernt haben. Ich gra­tu­lie­re Dir zum Geburts­tag und freue mich, wenn wir uns bald mal wie­der sehen.

LARS KRAUME /​ REGIE /​ 1994

 

Lie­ber Rein­hard,

in dem Leben eines Fil­me­ma­chers gibt es unzäh­li­ge Situa­tio­nen, in denen der ver­meint­lich ein­fa­che­re Weg zum schnel­le­ren Erfolg führt. Ich mei­ne damit nicht einen küh­len Prag­ma­tis­mus, der sehr oft hilf­reich ist, son­dern den fau­len Kom­pro­miss, den Mit­tel­weg, die Kor­rup­ti­on. In die­sen Situa­tio­nen blitzt in mei­nem Inne­ren immer Dein Gesicht auf: ein fast unsicht­ba­res Kopf­schüt­teln, ein kaum hör­ba­rer ver­ächt­li­cher Laut, ein ver­schmitz­tes Lächeln … Der Bequem­lich­keit zu wider­ste­hen, das Fil­me­ma­chen als immer neue Suche zu begrei­fen, die Frei­heit der Kunst wirk­lich zu nut­zen – das habe ich von Dir gelernt. Dafür dan­ke ich Dir von gan­zem Her­zen. Hoch sollst Du leben!

HENDRIK HANDLOEGTEN /​ REGIE /​ 1993

 

Lie­ber Rein­hard Hauff,

herz­li­chen Glück­wunsch zu Ihrem 80-Jäh­ri­gen Jubi­lä­um von Patri­cia, Mar­kus, Kas­par, Kot­schi und Kol­ja! Rück­bli­ckend ein gro­ßes Dan­ke­schön für die prä­gen­de Zeit an der DFFB unter Ihrer Lei­tung. So viel Herz­blut für uns Stu­die­ren­den und so ein ein­zig­ar­ti­ges Pro­fil, dass Sie an der Aka­de­mie ver­mit­telt haben: „Low Bud­get, High Ener­gy“! Die­se Ener­gie haben wir uns auch in einer schö­nen Freund­schaft zwi­schen uns Kame­raf­rau­en und -,ännern erhal­ten. Wir fünf, hier stell­ver­tre­tend für die vie­len mehr, die sich noch regel­mä­ßig tref­fen und im Aus­tausch geblie­ben sind. Eine groß­ar­ti­ge Fei­er wün­schen wir!

PATRICIA LEWANDOWSKA, MARKUS ZUCKER, KASPAR KÖPKE, MICHAEL KOTSCHI, KOLJA RASCHKE /​ KAMERA /​ 2000 & 2001

Die DFFB gra­tu­liert ihrem ehe­ma­li­gen Direk­tor Rein­hard Hauff herz­lich zum 80. Geburts­tag!

Wir gra­tu­lie­ren Rein­hard Hauff herz­lich zum 80. Geburts­tag und wün­schen ihm alles Gute, bes­te Gesund­heit und eine wun­der­ba­re Fei­er!

Der Fern­seh­ma­cher, Kino­re­gis­seur und Ehren­preis­trä­ger des Deut­schen Film­prei­ses hat die DFFB wäh­rend sei­ner Direk­ti­on von 1993 bis 2005 nach­hal­tig geprägt. Unter dem Mot­to „LOW BUDGET – HIGH ENERGY“ hat er Stu­die­ren­de und Mit­ar­bei­ten­de zu Höchst­leis­tun­gen ange­spornt, mit Dreh­buch und Pro­duk­ti­on zwei neue Stu­di­en­gän­ge eta­bliert, den Umzug ins Film­haus rea­li­siert und hier vie­le groß­ar­ti­ge Filmemacher*innen – dar­un­ter Emi­ly Atef, Achim von Bor­ries und Lars Krau­me – aus­ge­bil­det. Sei­ne Rei­bungs­be­reit­schaft ist bis heu­te essen­zi­ell cha­rak­ter­stif­tend für die Aka­de­mie und ihre Stu­die­ren­den.

Um es mit einem Bild aus unse­rem Archiv zu sagen:

Wir bedan­ken uns bei Rein­hard Hauff für all die Ener­gie, Krea­ti­vi­tät und Beharr­lich­keit, die er wäh­rend sei­ner Zeit im Film­haus in die Aka­de­mie inves­tiert hat – und die das Stu­di­um und die Filmemacher*innen der DFFB bis heu­te beein­flus­sen!

»Go whe­re the fear is!«

Ein Inter­view von Tan­ja C. Krain­hö­fer, die in der aktu­el­len Aus­ga­be der black box einen Arti­kel zu dem Panel »Reden über Film: Raus aus der Nische – Aus­wer­tungs­mo­del­le für den jun­gen Autoren­film« auf der Ber­li­na­le, mode­riert von Linus, publi­ziert hat. Im Gespräch mit ihr: die lei­ten­de Dozen­tin für Pro­duk­ti­on an der DFFB, Anna de Pao­li, und Regis­seur Linus de Pao­li.

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Mit ihrem Kol­lek­tiv »Schat­ten­kan­te« tra­gen sie gewag­tes Kino aus Deutsch­land in die Welt. Wenn’s sein muss, auch ohne För­de­rung und Sen­der­hil­fe: Ihr neu­er Film A YOUNG MAN WITH HIGH POTENTIAL läuft zur­zeit im Kino. Anna und Linus de Pao­li haben ihren aktu­el­len Kino­film an den übli­chen Struk­tu­ren vor­bei pro­du­ziert. Ein Gespräch über den Gen­re­film und das Inde­pen­dent-Fil­me­ma­chen in Deutsch­land über­haupt.

 

Euer stark mit Gore- und Thril­ler-Ele­men­ten arbei­ten­der Film A YOUNG MAN WITH HIGH POTENTIAL ist vori­ge Woche im Ver­leih von For­got­ten Film mit vier Kopien ange­lau­fen. Im Rah­men der Kino­tour wart ihr bei der ein oder ande­ren Vor­füh­rung dabei. Wie hat das Publi­kum auf die Geschich­te des genia­len wie eben­so ver­klemm­ten Infor­ma­tik-Nerds Piet und sei­nem pro­ble­ma­ti­schen Ver­hält­nis zu Frau­en reagiert?

Linus de Pao­li (LdP): Ich war fast über­rascht, wie gut der Film bis­her beim Publi­kum ankam. Es gibt zwar in der Regel bei jeder Vor­füh­rung ein paar »Wal­kouts«, wofür wir volls­tes Ver­ständ­nis haben – denn das Dar­ge­stell­te mutet dem Publi­kum eini­ges zu. Die bes­te Erfah­rung war, dass vie­le aber wie­der­keh­ren, um das Ende zu sehen, und dann trotz­dem über den Film spre­chen wol­len. Das ist auch genau das, was ich am Fil­me­ma­chen am span­nends­ten fin­de: den Dis­kurs.

 

Weni­ger begeis­tert haben sich Film­för­de­rung und TV-Sen­der für die­sen Stoff, so dass der Film als rei­ne Inde­pen­dent-Pro­duk­ti­on ent­stand. Wie erklärt ihr euch die­se Zurück­hal­tung, ins­be­son­de­re in Zei­ten, in denen düs­te­re Stof­fe bei Net­flix und Co. auf so viel Zuspruch sto­ßen – ins­be­son­de­re beim jün­ge­ren Publi­kum, das im Kino ver­misst wird?

LdP: Lei­der sind Sen­der und För­der­an­stal­ten nicht so auf­ge­schlos­sen und mutig wie sie sich ger­ne geben. Die Sys­te­me sind unfle­xi­bel und das Ver­ständ­nis dafür, was als kul­tu­rell gilt, ist beschränkt. Bei unse­rem letz­ten Film Der Samu­rai wur­de uns gesagt, der Film ent­spre­che nicht den »öffent­lich recht­li­chen Geschmacks­vor­ga­ben«. A YOUNG MAN WITH HIGH POTENTIAL war für das BKM »mora­lisch frag­wür­dig«. Ich fin­de es scha­de, dass hier­zu­lan­de das Zei­gen und The­ma­ti­sie­ren von Kon­tro­ver­sem oft mit deren Ver­herr­li­chung gleich­ge­setzt wird. Für mich fängt es erst da an inter­es­sant zu wer­den, wo es ambi­va­lent wird. Net­flix und ande­re Strea­ming­por­ta­le sind in den Punk­ten nicht unbe­dingt wei­ser – aber offe­ner.

 

Inde­pen­dent zu pro­du­zie­ren, heißt ja nicht nur maxi­ma­le Frei­heit beim Erzäh­len von Geschich­ten abseits des Main­streams, es bedeu­tet vor allem auch ein ernst­zu­neh­men­des finan­zi­el­les Risi­ko. Ihr hat­tet neben rück­ge­stell­ten Gagen, Sach­leis­tun­gen und unzäh­li­gen  Freund­schafts­prei­sen noch eine Cash-Belas­tung in Höhe von 160.000 Euro. Wie konn­tet ihr die­se Sum­me auf­brin­gen und mit wel­chen Ver­pflich­tun­gen ging die­se Form der Finan­zie­rung ein­her?

Anna de Pao­li (AdP): Nach­dem wir bei ver­schie­de­nen Pro­jek­ten qua­si allem denk­ba­ren Finan­zie­rungs­al­ter­na­ti­ven ein­mal ange­tes­tet haben, lässt sich fest­hal­ten: Jeder Euro stellt Bedin­gun­gen an die Pro­duk­ti­on, ganz gleich, wo er her­kommt. Unser Modell, die Kopro­duk­ti­on mit der Hahn Film AG, brach­te drei ent­schei­den­de Vor­tei­le: das Geld kam aus einer Quel­le, stand sofort zur Ver­fü­gung und ließ uns maxi­ma­le künst­le­ri­sche Frei­heit. Unse­re Kom­pe­tenz, mit gerin­gen Mit­teln hoch­wer­tig zu pro­du­zie­ren, gegen Bares: eine win-win-Situa­ti­on. Es stimmt aber, dass bei­de Sei­ten voll ins Risi­ko gehen müs­sen, und dass der Film ohne das Enga­ge­ment unse­res Teams, die alle für Min­dest­lohn gear­bei­tet haben, heu­te nicht exis­tie­ren wür­de.

 

Tini Tüll­mann, die Autorin, Regis­seu­rin, Pro­du­zen­tin des Psy­cho­thril­lers FREDDY/​EDDY muss­te für ihre Inde­pen­dent-Pro­duk­ti­on in etwa 75.000 Euro inves­tie­ren und konn­te gera­de ein­mal die Hälf­te über Kino, DVD und VoD natio­nal wie inter­na­tio­nal refi­nan­zie­ren. Wie schätzt ihr die Chan­cen ein, mit A YOUNG MAN WITH HIGH POTENTIAL den Break-even zu errei­chen oder sogar in die Gewinn­zo­ne zu gelan­gen?

AdP: Zum jet­zi­gen Zeit­punkt ste­cken wir noch mit­ten im Aus­wer­tungs­pro­zess. Unser Welt­ver­trieb Raven Ban­ner hat ein Best-Case‑, ein Mid-Case- und ein Worst-Case-Sze­na­rio vor­ge­legt. Letz­te­res wür­de uns bereits den Break-Even besche­ren. Daher sind wir vor­sich­tig opti­mis­tisch. Aktu­ell läuft unse­re Kino­tour, und wir sind über­wäl­tigt von den Reak­tio­nen des Publi­kums. So auf­merk­sam hin­ge­schaut und anschlie­ßend kon­tro­vers dis­ku­tiert wird ein­fach nur im Kino. Die Pres­se­be­richt­erstat­tung ist unse­rer Erfah­rung nach hilf­reich, um zu ver­mit­teln, wofür wir ste­hen. Ein­nah­men sind jedoch eher aus der dann fol­gen­den Blu-Ray-DVD-Aus­wer­tung zu erwar­ten. Bei unse­rem Ver­leih For­got­ten Film ist eine geschmacks­si­che­re »Fetisch Edi­ti­on« mit vie­len Extras zu erwar­ten. War­um wir nicht in den Abge­sang der phy­si­schen Medi­en ein­stim­men: Wer im zer­split­ter­ten Online-Markt nicht auf Dau­er-Schnit­zel­jagd gehen und diver­se par­al­le­le Abon­ne­ments unter­hal­ten möch­te, son­dern auch in Zukunft sei­ne Lieb­lings­fil­me jeder­zeit ver­füg­bar haben will, fährt mit dem Kauf einer BluRay/​DVD immer noch bes­ser – und tat­säch­lich bil­li­ger!

 

Vie­le Indie-Regis­seu­re und ‑Pro­du­zen­ten aus den letz­ten Jah­ren muss­ten ihre Fil­me wie KLAPPE COWBOY!  (Regie: Timo Jacobs, Ulf Beh­rens), FREDDY/​EDDY (Regie: Tini Tüll­mann) oder ÜBERALL WO WIR SIND (Regie: Vero­ni­ka Kase­rer) im Eigen­ver­leih ins Kino brin­gen. Euch ist es gelun­gen, sowohl Salz­ge­ber und For­got­ten Film für den Ver­leih Eurer Fil­me zu gewin­nen als auch Raven Ban­ner für den Welt­ver­trieb. Wie kam es dazu?

AdP: Ich habe Raven Ban­ner in Can­nes über­zeugt. Sie waren sofort begeis­tert, hat­ten jedoch Beden­ken, dass die Buy­er vor dem Film zurück­schre­cken könn­ten. Aber wie heißt es doch so schön: Der Weg ist, wo die Angst ist. »Go whe­re the fear is!« wur­de zur über­zeu­gen­den Ver­kaufs­for­mel unter ande­rem in Ame­ri­ka, Kana­da, Eng­land, wo die The­men unse­res Films gera­de beson­ders heiß dis­ku­tiert wer­den. Mit For­got­ten Film tei­len wir eine Lei­den­schaft für bestimm­te Fil­me und auch für Fes­ti­vals wie das Ter­za Visio­ne; das schafft Ver­trau­en. Wenn der­art pas­sio­nier­te Cineast*innen sich ent­schei­den, in unse­ren Film zu inves­tie­ren, ist das für uns immer noch ein beson­de­res Güte­sie­gel. Unse­ren ers­ten Film DR. KETEL haben wir übri­gens in Ber­lin mit­hil­fe des Kinos »Movie­men­to« gestar­tet, wo er mona­te­lang lief. Immer noch ver­bin­det uns eine frucht­ba­re Part­ner­schaft. Die Kino­tour in Deutsch­land hat­ten wir damals selbst orga­ni­siert. Dabei haben wir erfah­ren, von welch unschätz­ba­rem Wert der direk­te Kon­takt zu Kinobetreiber*innen ist, weil sie ihr Publi­kum wirk­lich gut ken­nen. Die­se Erfah­rung des par­ti­el­len Eigen­ver­leihs wol­len wir nicht mis­sen.

 

Eure Geschich­te spielt an einem pan­eu­ro­päi­schen Eli­te­cam­pus, wo sich ver­schie­de­ne Natio­na­li­tä­ten sam­meln, die mit­ein­an­der auf Eng­lisch kom­mu­ni­zie­ren. Ihr konn­tet dadurch auch Rol­len mit Schauspieler*innen aus unter­schied­li­chen Län­dern beset­zen. Waren dies auch Ent­schei­dun­gen im Hin­blick auf ver­bes­ser­te Ver­mark­tungs­chan­cen?

LdP: Nein, aber es ist zwei­fels­oh­ne ein posi­ti­ver Neben­ef­fekt, der uns bei Ver­käu­fen ins eng­lisch­spra­chi­ge Aus­land einen Vor­teil ver­schafft hat. Die Ent­schei­dung ist inhalt­lich moti­viert. In der Welt, in der wir uns bewe­gen, ist Eng­lisch als Wege­spra­che, gera­de im Inter­net, unaus­weich­lich. Ich woll­te es zuspit­zen: Die Euro­päi­sche Uni­on ist zusam­men­ge­wach­sen, von den ver­schie­de­nen Natio­na­li­tä­ten schei­nen nur noch Akzen­te geblie­ben zu sein. Ich sehe auch das ambi­va­lent. Einer­seits eine Uto­pie, in der wir uns in Euro­pa so nah sind wie nie – ande­rer­seits schützt uns auch die­se Öff­nung nicht vor Ver­ein­ze­lung. Und auch die­se Welt scheint irgend­wo eine har­te Außen­gren­ze zu haben.

 

Die Urauf­füh­rung war auf dem letzt­jäh­ri­gen Film­fest Mün­chen. Danach hat­te der Film einen beacht­li­chen inter­na­tio­na­len Fes­ti­val­run. Habt ihr eine stra­te­gi­sche Film­fes­ti­val­aus­wer­tung ver­folgt, die auch Teil des Refi­nan­zie­rungs­kon­zepts mit­tels Scree­ning Fees und Prei­sen ist?

AdP: Unser Vor­ge­hen in der Fes­ti­val­aus­wer­tung ist zwar stra­te­gisch, aber zugleich von unzäh­li­gen Unbe­kann­ten geprägt. Dass wir aus Mün­chen gleich einen der »För­der­prei­se Neu­es Deut­sches Kino« mit nach Hau­se neh­men konn­ten, hat eine super Ener­gie mit­ge­bracht und sicher­lich auch gehol­fen, dass der Film in Deutsch­land nicht in der Schmud­del­ecke gelan­det ist. Lang­sam sickert hof­fent­lich auch bei den beden­ken­trä­ge­ri­schen Insti­tu­tio­nen durch, dass ein Kino­film Fra­gen der Moral sehr wohl stel­len und unse­ren gesell­schaft­li­chen Dis­kurs her­aus­for­dern darf. Aber zurück zur Fra­ge: Ja, die Vor­führ­ge­büh­ren von Fes­ti­vals sind unse­rer Erfah­rung nach lang­fris­tig auch ein Bau­stein des Recoup­ments für Ver­leih und Ver­trieb – und tat­säch­lich auch für uns, da wir einen pro­du­zen­ti­schen Kor­ri­dor ver­han­deln konn­ten. Im Cir­cuit inter­na­tio­na­ler Fes­ti­vals für fan­tas­ti­sche Gen­res, in dem wir uns haupt­säch­lich bewe­gen, sind alle eng mit­ein­an­der ver­knüpft, und die Wahr­schein­lich­keit für fai­re Deals auf Augen­hö­he ist höher. Wir hof­fen, es kommt auch bald im Rest der Bran­che an, dass das Aus­blu­ten der Krea­ti­ven ein Ende haben muss.

 

Auf den letz­ten Münch­ner Medi­en­ta­gen haben Simon Amber­ger und Kor­bi­ni­an Dufter von die NEUESUPER die neu­en Play­er Ama­zon, Net­flix und Co. als eine unfass­ba­re Chan­ce beschrie­ben. Selbst wenn noch über 90 Pro­zent des aktu­el­len Pro­duk­ti­ons­vo­lu­mens nicht von den Platt­for­men initi­iert wird, übten sie einen enor­men Ein­fluss auf Stof­fe, Ästhe­tik und Erzähl­wei­sen aus und böten dabei ins­be­son­de­re auch der jun­gen Gene­ra­ti­on von Fil­me­ma­chern die Chan­ce, die fil­mi­sche Welt mit­zu­ge­stal­ten. Teilt ihr die­se Ein­schät­zung?

LdP: Ja und nein. Letzt­lich sind Strea­ming­diens­te eine wei­te­re Büh­ne für audio­vi­su­el­le Pro­duk­te, der ich ähn­lich ambi­va­lent gegen­über­ste­he wie dem Fern­se­hen. Für seri­el­le For­ma­te schei­nen sie sich als das Opti­mum durch­zu­set­zen, weil es den Konsument*innen genau das lie­fert, was sie wol­len. Und dar­in ste­cken tat­säch­lich unglaub­li­che Chan­cen. Auch was den Kino­film angeht, kön­nen die­se Diens­te zu Ermög­li­chern wer­den. Roma ist ein inter­es­san­tes Bei­spiel. Aber die Por­ta­le erset­zen das Kino­er­leb­nis nicht – und es ist noch abzu­war­ten, wel­chen Ein­fluss sie auf Ästhe­tik und Erzähl­wei­sen von Spiel­fil­men lang­fris­tig neh­men.

AdP: Aus pro­du­zen­ti­scher Per­spek­ti­ve ist lei­der auch nicht alles Gold, was glänzt: Die Bud­gets sind in Rela­ti­on zum erwünsch­ten Pro­duc­tion Value gering, das Con­trol­ling dafür umso auf­wen­di­ger. Krea­ti­ve wer­den lang­fris­tig gebun­den – und leis­ten hier ziem­li­che Akkord­ar­beit an ihren eige­nen Stof­fen und an Auf­trags­ar­bei­ten. Neue Chan­cen für den Kino­film der Kunst­frei­heit erge­ben sich dann, wenn nicht alle bloß dem Gold hin­ter­her­ren­nen, son­dern par­al­lel unab­hän­gi­ge und lang­le­bi­ge pro­du­zen­ti­sche Struk­tu­ren gestärkt wer­den.

 

Eine Rei­he von Indies haben in den ver­gan­ge­nen Jah­ren ins­be­son­de­re durch Aktio­nen wie das Ama­zon Fes­ti­val Stars Pro­gramm oder Net­flix’ Inter­es­se an Ber­lin-based Films von den neu­en Play­ern pro­fi­tie­ren kön­nen. Seht ihr hier auch lang­fris­tig erfolgs­ver­spre­chen­de Optio­nen, viel­leicht auch im Hin­blick auf den Con­tent-Hun­ger vie­ler wei­te­rer Platt­for­men wie in Deutsch­land Magen­ta und Max­do­me?

LdP: Da kann ich nur spe­ku­lie­ren: Ich ver­mu­te, dass die Kon­kur­renz der gro­ßen Play­er sich ver­schärft und es einen Krieg um Con­tent geben wird. Viel­leicht wer­den Spe­cial-Inte­rest-Con­tent und damit auch Nischen­fil­me zu einem ent­schei­den­den Fak­tor, wel­che Abos die Verbraucher*innen in Zukunft noch zah­len wol­len. Aber viel­leicht auch nicht. Ich könn­te mir auch vor­stel­len, das Self-Publi­shing popu­lä­rer wird und einen Weg kom­plett an den alten und neu­en Aus­wer­tungs­ket­ten vor­bei auf­zeigt. Gera­de unter Indie Filmemacher*innen spü­re ich einen wach­sen­den Unmut über die Intrans­pa­renz der Gro­ßen. Vie­le glau­ben auch, sie könn­ten ihre eige­nen Fil­me sogar bes­ser bewer­ben und ver­trei­ben als eta­blier­te Ver­lei­her und Ver­trie­be, die dem Zeit­geist hin­ter­her­he­cheln.

 

In den letz­ten Jah­ren begeg­nen uns auch unab­hän­gig von Abschluss­fil­men an Film­hoch­schu­len immer mehr Indies in Deutsch­land. Ent­wi­ckelt sich hier gera­de eine deut­sche Indie-Sze­ne, die sich auch neben der bestehen­den Film­wirt­schaft lang­fris­tig eta­blie­ren könn­te?

LdP: Es ist, bei allem Geme­cker, heu­te natür­lich leich­ter und bil­li­ger, einen Film auf die Bei­ne zu stel­len als zur Zeit von Zel­lu­loid. Und das ist toll! Aller­dings heißt Indie­film auch immer Selbst­aus­beu­tung und Risi­ko. Ein paar Pro­jek­te lang geht das gut, aber um sich lang­fris­tig zu eta­blie­ren, braucht man einen lan­gen Atem und irgend­wann auch etwas Klein­geld. Da kön­nen Privatinvestor*innen und Strea­ming­diens­te schon hilf­reich sein, was vor allem dann mög­lich ist, wenn die Stof­fe auch über den deut­schen Markt hin­aus wirt­schaft­lich attrak­tiv sind. Und dafür müss­te der deut­sche Indie­film auf­fäl­li­ger und zwin­gen­der sein. Ich tue mein Bes­tes.

 

Der Wunsch nach Film­kul­tur und Film-Viel­falt in Deutsch­land ist par­al­lel auch eine zen­tra­le For­de­rung von einer Rei­he gegen­wär­ti­ger Bewe­gun­gen wie den Frank­fur­ter Posi­tio­nen zur Zukunft des Deut­schen Films und dem kürz­lich gegrün­de­ten Haupt­ver­band Cine­phi­lie. Wel­che Instru­men­te oder Maß­nah­men wür­de es aus eurer Sicht bedür­fen, um die­ses Ziel zu errei­chen?

AdP: Das Aller­wich­tigs­te ist, dass der Wunsch nach Ver­än­de­rung die Angst vor Ver­än­de­rung besiegt. Wie oft haben wir im letz­ten Jahr lei­den­schaft­li­chen Dis­kus­sio­nen bei­gewohnt, bei denen sich alle einig waren, bis dann eine »höhe­re Instanz« wie der eige­ne Ver­band, die »Redak­ti­on des Ver­trau­ens« oder ande­re »besorg­te Kolleg*innen« inter­ve­nier­ten, sodass sich Film­schaf­fen­de aus Angst um ihre beruf­li­che Exis­tenz von ihren Posi­tio­nen zurück­ge­zo­gen haben. Den Kopf in den Sand zu ste­cken, ist jedoch kei­ne Alter­na­ti­ve für uns. Die »Frank­fur­ter Posi­tio­nen« geben ja schon sehr kon­kre­te Hin­wei­se auf mög­li­che Maß­nah­men. »Damit ist alles gesagt«, äußer­te sich Jea­ni­ne Meer­ap­fel, Prä­si­den­tin der Aka­de­mie der Küns­te, bei dem Panel »Kul­tu­rel­le Film­för­de­rung jetzt!« am 5. Febru­ar 2019. Kon­kre­te Schrit­te in die­se Rich­tung zu pla­nen, ist nach einem Jahr der Bekannt­ma­chung und Dis­kus­si­on der The­sen nun das gro­ße Ziel, das beim Lich­ter Film­fest 2019, aber auch bei der ers­ten Sit­zung vom Haupt­ver­band Cine­phi­lie im Schul­ter­schluss mit Pro Quo­te Film, den Fes­ti­val­pro­gramm­ern und vie­len ande­ren vor­an­ge­trie­ben wird. Ostern wis­sen wir mehr.

 

Es zeigt sich, dass Indie-Pro­duk­tio­nen gera­de im Bereich der Aus­wer­tung oft an ihre Gren­zen sto­ßen. Seht ihr hier mög­li­che Model­le, wie klei­ne­re Pro­duk­tio­nen dabei unter­stützt wer­den könn­ten?

AdP: Das ist ein wei­tes Feld! Die Ent­kopp­lung von Pro­duk­ti­ons- und Ver­leih­för­de­rung ist ein Punkt der »Frank­fur­ter Posi­tio­nen«. Aller­dings scheu­en den admi­nis­tra­ti­ven Auf­wand der Abwick­lung von För­der­gel­dern sogar man­che eta­blier­ten Ver­leih-Fir­men, wes­we­gen zugleich eine Ent­schla­ckung der Regu­la­ri­en von­nö­ten ist, damit Indie-Pro­duk­tio­nen das über­haupt leis­ten kön­nen. Ein wei­te­rer Punkt ist, dass es teu­er ist, die aktu­el­len Aus­wer­tungs­fens­ter mar­ke­ting-tech­nisch zu bespie­len. Vom eige­nen Nut­zungs­ver­hal­ten aus­ge­hend, glau­ben wir, dass die Fil­me davon pro­fi­tie­ren, wenn Inter­es­sier­te sie sofort, also par­al­lel zum Kino­start, anschau­en und dar­über spre­chen kön­nen, so dass ein klei­ner oder auch grö­ße­rer Buzz ent­ste­hen kann. Hier lie­gen noch unge­nutz­te Poten­zia­le in Form von Syn­er­gie-Effek­ten, die auch das Kino wie­der neu beflü­geln könn­ten. Was fällt uns noch ein? Ver­trieb durch Fes­ti­vals, die klei­ne Fil­me in einer eige­nen Edi­ti­on prä­sen­tie­ren. Markt-Teil­nah­men müs­sen erschwing­li­cher wer­den! In die­sem Zusam­men­hang sind wir und ande­re dabei, welt­weit Netz­wer­ke zwi­schen Indie-Film­schaf­fen­den zu knüp­fen, die mitt­ler­wei­le (auf­grund der gan­zen hart gesam­mel­ten Erfah­run­gen) auch Exper­ti­se im Ver­trieb haben und sich gegen­sei­tig unter­stüt­zen kön­nen. Gemein­sam sind wir stark.

 

Ihr seid Eltern von bald drei Kin­dern, wür­det ihr mir ver­ra­ten, wie man sei­ne Kin­der von Rück­stel­lun­gen ernährt?

LdP: Gar nicht. Wir haben bei­de ande­re Tätig­kei­ten, die die Mie­te zah­len und uns absi­chern, so dass wir uns alle paar Jah­re mal ein Wunsch­pro­jekt »leis­ten« kön­nen. Anna arbei­tet als lei­ten­de Dozen­tin für Pro­duk­ti­on an der DFFB, und ich arbei­te als frei­schaf­fen­der Kom­po­nist und für die Per­spek­ti­ve Deut­sches Kino bei der Ber­li­na­le. In der Sze­ne wer­den wir des­halb auch gern mal als »Boutique«-Filmschaffende bezeich­net. Wir neh­men das als Kom­pli­ment, denn wenn bei uns die Kame­ra auf­ge­stellt wird, dann wirk­lich nur, wenn wir einen unbe­ding­ten unbe­ding­ten Drang emp­fin­den, etwas Beson­de­res zu kre­ieren und aus­zu­stel­len. Um Anna zu zitie­ren: Audio­vi­su­el­len Schrott gibt es genug, zu dem Berg müs­sen wir nicht auch noch bei­tra­gen. Seid Ihr zwei ein fes­tes Regie-Pro­du­zen­ten-Duo?

AdP: Auf jeden Fall. Wir haben uns an der DFFB ken­nen­ge­lernt, wo Linus Regie und ich Pro­duk­ti­on stu­diert habe. Wir arbei­ten seit 2005 im Kol­lek­tiv Schat­ten­kan­te zusam­men, aus dem schnell unse­re Pro­duk­ti­ons­fir­ma her­vor­ging. A YOUNG MAN WITH HIGH ist unser drit­ter Spiel­film und Linus’ zwei­te Regie­ar­beit.

 

Wie geht es wei­ter mit Euch bei­den? Was habt Ihr als nächs­tes vor?

LdP: Im Mai wer­den wir zum drit­ten Mal Eltern. Neben­bei ent­wick­le ich gera­de zwei Stof­fe. Einer davon ein Body­hor­ror­film namens Krus­te. Der ande­re eine Loser­bal­la­de in Gestalt einer Komö­die mit dem Arbeits­ti­tel FLOROW.

AdP: Von dem Preis­geld aus Mün­chen haben wir außer­dem die Initia­ti­ve »Film macht Schu­le« ins Leben geru­fen, die Begeg­nun­gen zwi­schen Film­schaf­fen­den und Kin­dern und Jugend­li­chen bei frei kon­zi­pier­ten Work­shops ermög­licht und den Fun­ken der Cine­phi­lie auf die nächs­te Gene­ra­ti­on über­sprin­gen lässt.

Inter­view über das Dreh­buch­stu­di­um mit Beli­ban zu Stol­berg

Beli­ban zu Stol­berg stu­diert seit 2015 an der DFFB Dreh­buch. Wäh­rend ihrer Stu­di­en­zeit wirk­te sie bei zahl­rei­chen Kurz- und Lang­fil­men sowie Seri­en mit. Noch in die­sem Jahr wird sie mit dem Dreh­buch „Das Tor“ ihr Stu­di­um abschlie­ßen. Der Stoff dreht sich um eine Künst­le­rin, die im selbst gewähl­ten Exil mit Hil­fe ihrer schöp­fe­ri­schen Bega­bung eine Schnitt­stel­le zum Jen­seits erschafft, um ihren toten Gelieb­ten zu errei­chen.  Auch neben ihrem Stu­di­um ist Beli­ban sehr aktiv: Im Jahr 2016 war sie Mit­glied im Jun­gen Ber­li­ner Rat des Maxim Gor­ki Thea­ters. Sie betei­lig­te sich an der künst­le­risch-poli­ti­schen Grup­pe und prä­sen­tier­te die gemein­sa­me Arbeit auf dem Herbst­sa­lon 2017. Auch wenn das Dreh­buch­schrei­ben ihre Pas­si­on ist, schreibt Beli­ban auch Dra­ma und Pro­sa. 2018 wur­de ihre Kurz­ge­schich­te „Pelz­land“ im Ach je Ver­lag ver­öf­fent­licht. Eine gekürz­te Ver­si­on der Geschich­te erschien außer­dem in der taz.

Im April 2019 hat Beli­ban für Stu­di­en­in­ter­es­sier­te eini­ge Fra­gen zum The­ma Dreh­buch im Hin­blick auf das Stu­di­um an der DFFB beant­wor­tet. Hier könnt ihr ihre Ant­wor­ten lesen:

 

Wel­che Stu­di­en­gän­ge sind geeig­net, um spä­ter als Drehbuchautor*in arbei­ten zu kön­nen?

In Deutsch­land gibt es meh­re­re staat­li­che Film­hoch­schu­len, die alle einen Stu­di­en­gang zu Dreh­buch anbie­ten. Es lohnt sich, etwas Recher­che zu betrei­ben, denn die Film­schu­len unter­schei­den sich nicht nur in Loca­ti­on, Auf­bau des Stu­di­ums und Form des Abschlus­ses, son­dern auch in ihrer fil­mi­schen Aus­rich­tung. So ist die Film­aka­de­mie Lud­wigs­burg zum Bei­spiel eher kom­mer­zi­ell aus­ge­rich­tet, wäh­rend auf der DFFB in Ber­lin der Fokus auf künst­le­ri­schem und poli­ti­schem Film liegt. Vie­le Film­hoch­schu­len bie­ten einen Tag der offe­nen Tür an, eine gute Gele­gen­heit, um die Schu­len ken­nen zu ler­nen und zu schau­en, wel­che am bes­ten zu einem passt.

Wenn man sich nicht nur für Film son­dern all­ge­mein fürs Sze­ni­sche Schrei­ben inter­es­siert, eig­net sich auch das Lite­ra­tur­in­sti­tut in Leip­zig oder Kunst­aka­de­mien, die den Stu­di­en­gang Sze­ni­sches Schrei­ben anbie­ten. Bei die­sen Stu­di­en­gän­gen ist die Aus­rich­tung aller­dings eher auf Thea­ter gelegt.

Grund­sätz­lich ist die Aus­bil­dung von Drehbuchautor*innen an einer Film­schu­le die bes­te Idee. Ein wich­ti­ger Bestand­teil der Aus­bil­dung sind die Pro­jek­te, die man mit ande­ren Stu­die­ren­den macht. Einer­seits schult das die eige­ne Schrei­be, ande­rer­seits knüpft man hier Kon­tak­te, die im bes­ten Fall übers Stu­di­um hin­aus bestehen.

Zur Fra­ge staat­lich ver­sus pri­vat: Die staat­li­chen Film­hoch­schu­len sind aner­kann­ter, weil die Auf­nah­me meist schwe­rer ist.

 

Über wel­che (Soft) Skills muss man ver­fü­gen, um als Drehbuchautor*in arbei­ten zu kön­nen (auch ohne Stu­di­um)?

Auf die­se Fra­ge wür­de ich mit 2 grund­le­gen­den Eigen­schaf­ten Ant­wor­ten: Einer­seits sind die hand­werk­li­chen Fähig­kei­ten des Geschich­ten­er­zäh­lens enorm wich­tig, ande­rer­seits geht es auch ganz viel um Soft Skills und Per­sön­lich­keits­merk­ma­le.

> Hand­werk­li­che Fähig­kei­ten

Im Stu­di­um geht es gera­de dar­um, die hand­werk­li­chen Fähig­kei­ten aus­zu­bil­den. Ich habe in mei­nem Dreh­buch­stu­di­um gemerkt, dass so gut wie jeder das Hand­werk des Dreh­buch­schrei­bens erler­nen kann. Es gibt hand­fes­te Din­ge, die man mit­be­kommt. Daher ist es in Ord­nung, vor dem Stu­di­um noch kein per­fek­tes Hand­werk zu besit­zen. Offen­heit, zu ler­nen, soll­te aber da sein.

Alle hand­werk­li­chen Fähig­kei­ten auf­zu­lis­ten, die Drehbuchautor*innen brau­chen, wür­de aus­ufern. Dazu ein paar Buch­emp­feh­lun­gen, in denen die wich­tigs­ten Din­ge ange­ris­sen wer­den: „Sto­ry“ von Robert McKee, „Save the Cat“ von Bla­ke Sny­der und „The Ana­to­my of Sto­ry“ von John Tru­by.

Mei­ne top 3 Skills sind: Visu­el­les Erzäh­len, Figu­ren mit kla­rem want & need, ein emo­tio­na­ler Kern.

> Soft Skills /​ Per­sön­lich­keits­merk­ma­le

Wer als Drehbuchautor*in im deut­schen Markt arbei­ten will, muss kol­la­bo­rie­ren kön­nen. Als Drehbuchautor*in ist man immer auf ande­re ange­wie­sen, sei­en es Regisseur*innen, Produzent*innen, Redakteur*innen.

Es kommt kaum vor, dass man ein genia­les Dreh­buch schreibt, dass genau so ver­filmt wird. Im Gegen­teil: Meist schreibt man meh­re­re Fas­sun­gen (von 2 bis 40 kann alles dabei sein), bis der Film tat­säch­lich gemacht wird. Dabei will jede*r mit­re­den. Gute Drehbuchautor*innen kön­nen kann sol­che Gesprä­che füh­ren.

Wich­tig ist also auch Kri­tik­fä­hig­keit. Man muss ler­nen, zwi­schen kon­struk­ti­ven und destruk­ti­vem Feed­back unter­schei­den zu kön­nen. Zwi­schen dem Buch und der eige­nen Per­sön­lich­keit muss genug Distanz ent­ste­hen, um Feed­back nicht per­sön­lich zu neh­men. Das kann mit­un­ter sehr hart sein, beson­ders, wenn einem der Stoff am Her­zen liegt. Ein dickes Fell ist also von Vor­teil.

Dazu gehört auch Kom­mu­ni­ka­ti­ons­fä­hig­keit und sich in Men­schen ein­füh­len zu kön­nen. Manch­mal kann man das Feed­back näm­lich getrost igno­rie­ren und soll­te dem Gegen­über trotz­dem das Gefühl geben, man respek­tiert sei­ne Mei­nung und sei­ne Sicht auf den Stoff.

Aus­dau­er und Zähe sind wich­tig. Meis­tens schreibt man zehn Pro­jek­te und eins davon klappt. Dabei kann es sogar so weit gehen, dass man alle Pro­jek­te in Dreh­buch­form bringt. Es dau­ert manch­mal Jah­re, bis ein Dreh­buch umge­setzt wird. Oder man knüpft über ein Pro­jekt einen Kon­takt, doch dann wird aus der Umset­zung nichts und das Buch lan­det wie­der in der Schub­la­de. Dafür hat man den Kon­takt gewon­nen und kann even­tu­ell etwas ande­res umset­zen. Man muss die­sen lan­gen Atem mit­brin­gen.

Das ist ein wich­ti­ger Punkt für die Ent­schei­dung für die­sen Beruf: Manch­mal muss man mona­te- oder jah­re­lang am Ball blei­ben, ohne dass etwas Tol­les klappt. Man muss mit Rück­schlä­gen umge­hen kön­nen und immer wie­der auf­ste­hen.

Da man als Drehbuchautor*in auch Autor*in ist, soll­te man Eigen­schaf­ten von Autor*innen mit­brin­gen. Zum Bei­spiel eine gewis­sen Sen­si­bi­li­tät für ande­re Men­schen. Empa­thie ist hilf­reich, um Figu­ren zu schrei­ben, die weit von einem selbst ent­fernt sind. Eine Offen­heit für die Welt und ihre Abgrün­de oder Absur­di­tä­ten. Wider­sprü­che erken­nen und aus­hal­ten kön­nen. Nach mei­ner per­sön­li­chen Mei­nung ist es auch gut, eine gewis­se Amo­ra­li­tät mit­zu­brin­gen – oder wenigs­tens eine Offen­heit für Moral­vor­stel­lun­gen, die von der eige­nen abwei­chen.

Drehbuchautor*innen neh­men die Welt um sich her­um auf und ver­ar­bei­ten sie durch ihr Schrei­ben. Im bes­ten Fall machen sie damit Din­ge sicht­bar, die wir im All­tag über­se­hen, unbe­wusst aber wahr­neh­men. Sie kön­nen uns neue Per­spek­ti­ven auf kom­ple­xe Din­ge oder Dilem­ma­ta auf­zei­gen.

 

Wie sieht der Arbeits­markt aus?

Ange­stell­ten­ver­hält­nis­se gibt es so gut wie nie. Selb­stän­dig­keit ist die Norm. Dabei kommt es abso­lut dar­auf an, was für Dreh­bü­cher man schreibt.

Wer Kino machen will, ist auf gute Bezie­hun­gen zu Pro­duk­ti­ons­fir­men und Regis­seu­ren ange­wie­sen. Da gibt es eine kom­ple­xe För­der­land­schaft in Deutsch­land, über die sich eini­ge Drehbuchautor*innen finan­zie­ren. Nur fürs Kino arbei­ten aber die wenigs­ten. Meist kommt Fern­se­hen dazu. Auch hier gibt es rie­si­ge Unter­schie­de. Bei den zahl­rei­chen Vor­abend­se­ri­en (Rote Rosen, die Jun­gen Ärz­te, …) gibt es mehr Jobs als zum Bei­spiel bei dem umkämpf­ten Tat­ort-For­mat. Seri­en bie­ten auch ein kon­stan­te­res Ein­kom­men.

Ich ken­ne vie­le Drehbuchautor*innen, die neben­bei als Dozent*innen oder Lektor*innen arbei­ten, um sich ihr Ein­kom­men zu sichern.

Der Arbeits­markt ist auf jeden Fall sehr umkämpft. Es gibt vie­le Drehbuchautor*innen. Aber es gibt auch rela­tiv vie­le Jobs, weil viel Con­tent erstellt wird.

Dabei muss man sich auch hier klar machen, das alle an die tol­len, inter­es­san­ten Jobs wol­len. Alle wol­len Kino­fil­me machen oder für Net­flix arbei­ten! Die Chan­cen, dass man dort unter­kommt, sind sehr klein, beson­ders am Anfang.

 

Vor­bil­der (Dan Har­mon): Inspi­ra­ti­on vs. Nach­ah­men

Vor­bil­der sind toll und wich­tig. Wenn man schon eins hat, ist man auf einem guten Weg. Es ist eine gute Idee, sich den Wer­de­gang sei­ner Vor­bil­der genau anzu­se­hen und dar­aus Schlüs­se fürs eige­ne Leben zu zie­hen.

Die Gefahr des Nach­ah­mens sehe ich nicht, man schreibt ja nichts eins zu eins ab, son­dern lässt sich inspi­rie­ren. Dabei wird man die Geschich­ten immer mit eige­nem Leben fül­len.

Zu Dan Har­mon spe­zi­fisch, ein guter Geschich­ten­er­zäh­ler! (Trotz #metoo). Man soll­te sich aber ganz klar machen, dass der Markt in Deutsch­land anders funk­tio­niert als in Ame­ri­ka. In den USA gibt es viel mehr Geld in den ver­schie­de­nen Armen der Film­pro­duk­ti­on, sodass ein For­mat wie Rick&Morty über­haupt ent­ste­hen kann und Gewinn macht. Da der Markt in Deutsch­land wesent­lich klei­ner ist, set­zen vie­le Redak­tio­nen auf alt­be­währ­tes. Gera­de die Fern­seh­sen­der sind da im Zwang, Quo­ten zu bekom­men, und da eher älte­re Men­schen Fern­se­hen schau­en, macht man eben das, wor­an sie gewöhnt sind.

Wenn du dich eher für frei­er Stof­fe und Come­dy inter­es­sierst, eig­nen sich neue For­men der Aus­wer­tung. Es gibt vie­le Webse­ri­en, die ganz eige­ne Wege gehen. Die­se sind dann in der Finan­zie­rung oft klei­ner, dadurch aber auch weni­ger abhän­gig. Eine Platt­form, die sich gera­de zu eta­blie­ren ver­sucht, ist funk. Die stel­len jun­gen Con­tent her und sind viel offe­ner für Neu­es als die Sen­der.

Zum Sen­der auch noch eine Anmer­kung: Je klei­ner, des­to mehr Frei­heit. Etwa TNT, die so etwas Neu­es wie 4 Blocks machen konn­ten.

So, das mal als gro­ben Über­blick. Man sieht schon, das The­ma ist sehr weit­läu­fig. Der Beruf von Drehbuchautor*innen ist wun­der­bar und gleich­zei­tig anstren­gend und schwie­rig. Es lohnt sich aber, mei­ner Mei­nung nach, abso­lut. Vor allem, wenn man wirk­lich dafür brennt. Wenn ich dir eins mit­ge­ben kann: Schrei­ben, schrei­ben, schrei­ben. Egal, wie gut oder schlecht man ist. Ein­fach wei­ter­ma­chen.

Seri­al Eyes: Working in tele­vi­si­on and get­ting paid for it

Begin­ning of April, MIDPOINT – a trai­ning and net­wor­king plat­form for script and pro­ject deve­lo­p­ment ope­ra­ting under the auspi­ces of the Aca­de­my of Per­forming Arts in Pra­gue – invi­ted Ben­ja­min Har­ris, the Head of Pro­gram­me for Serial Eyes, to sit down tog­e­ther and to talk about what the 9‑month resi­den­ti­al pro­gram has to offer and how to app­ly for the April 15 dead­line.

The ori­gi­nal inter­view can be found here. Have a good read!


 

MIDPOINT: What would be the typi­cal back­ground of a Seri­al Eyes par­ti­ci­pant? Who is the pro­gram tar­ge­ting?

Ben­ja­min Har­ris: Seri­al Eyes is aimed at up-and-coming Euro­pean TV wri­ters who have work­ed pro­fes­sio­nal­ly in their home mar­ket and are now rea­dy to step up to an inter­na­tio­nal level. The ide­al can­di­da­te thri­ves on team­work and will want to work in a wri­ters’ room set­ting. We accept twel­ve peo­p­le per year, so it’s a pret­ty inti­ma­te set­ting. You have to be wil­ling to work with ele­ven other peo­p­le in clo­se quar­ters for nine months! Appli­cants should have at least 1–3 years of pro­fes­sio­nal expe­ri­ence as a screen­wri­ter and should ide­al­ly have writ­ten at least one epi­so­de for a dra­ma or come­dy series for a TV chan­nel in their own coun­try. Alter­na­tively, can­di­da­tes may also have suc­cessful­ly com­ple­ted a TV wri­ting pro­gram such as MIDPOINT TV Launch. Very important: can­di­da­tes must have a high level of fluen­cy in writ­ten and spo­ken Eng­lish. Seri­al Eyes is taught enti­re­ly in Eng­lish.

MP: Are Cen­tral and Eas­tern Euro­pean appli­cants wel­co­me?

BH: Yes, very much so. We encou­ra­ge appli­cants from Cen­tral and Eas­tern Euro­pe, espe­ci­al­ly MIDPOINT TV Launch alum­ni. We now offer tui­ti­on scho­lar­ships for appli­cants from so-cal­led low-capa­ci­ty count­ries (for a com­ple­te list of qua­li­fy­ing count­ries plea­se check our admis­si­ons web­page).

MP: How does the Seri­al Eyes trai­ning work? Is it a day-to-day “school”?

BH: Seri­al Eyes is a full-time, resi­den­ti­al pro­gram. That means par­ti­ci­pan­ts com­mit to living and stu­dy­ing in Ber­lin for the full 9 months. We car­ry a pret­ty packed, five-days-a-week sche­du­le, espe­ci­al­ly in the first semes­ter, with all-day work­shops, semi­nars and wri­ters’ rooms. The­re are wri­ting peri­ods at regu­lar inter­vals in the cour­se. But par­ti­ci­pan­ts should expect to be tog­e­ther with their peers on an almost dai­ly basis.

MP: What topics does the 9‑month pro­gram cover?

BH: Our focus is the wri­ters’ room expe­ri­ence. That means par­ti­ci­pan­ts learn the dyna­mics of the wri­ters’ room and prac­ti­ce lea­ding a team of wri­ters. But we’re also a pro­ject incu­ba­tor that encou­ra­ges a col­la­bo­ra­ti­ve work­shop set­ting. Par­ti­ci­pan­ts are trai­ned in nar­ra­ti­ve tech­ni­ques in seri­al wri­ting and the various modes for con­cei­ving new series con­cepts. Each par­ti­ci­pant deve­lo­ps his/​her own TV series from initi­al idea all the way to finis­hed pro­ject pro­po­sal and pilot script. They also col­la­bo­ra­te on group pro­jects that are often writ­ten to a spe­ci­fic brief from one of our indus­try part­ners. Final­ly, our par­ti­ci­pan­ts must under­stand the exi­gen­ci­es and demands of the mar­ket­place and learn about various Euro­pean mar­kets and their spe­ci­fic deve­lo­p­ment and pro­duc­tion methods.

MP: What spe­cial seg­ments apart from the trai­ning at Berlin’s dffb does the pro­gram offer?

BH: Our stu­dy trips are meant to intro­du­ce par­ti­ci­pan­ts to dif­fe­rent mar­kets and the TV pro­fes­sio­nals working the­re. Through our col­la­bo­ra­ti­ons with the Lon­don Film School and the Natio­nal Film School of Den­mark, we spent time in Lon­don and Copen­ha­gen respec­tively and explo­re the local TV indus­tries, learn about their working methods and meet with other wri­ters, pro­du­cers and com­mis­sio­ning edi­tors from tho­se mar­kets. We attend the Ber­li­na­le Dra­ma Series Days and the Series Mania TV fes­ti­val in Lil­le and con­fe­rence in Lil­le, France, and host net­wor­king mixers at tho­se events so that par­ti­ci­pan­ts can build their pro­fes­sio­nal net­works.

MP: What skills, cont­acts, know­ledge do the par­ti­ci­pan­ts gra­dua­te with?

BH: Seri­al Eyes is a pres­su­re coo­ker. So one of the most important qua­li­fi­ca­ti­ons that our gra­dua­tes are reco­gni­zed for in the indus­try is their disci­pli­ne and their abili­ty to work well under pres­su­re. In addi­ti­on, Seri­al Eyes gra­dua­tes have built up a sharp under­stan­ding of series sto­rytel­ling. They know how to mana­ge a team of wri­ters and are very com­for­ta­ble in a wri­ters’ room. Final­ly, they have amas­sed a net­work of indus­try cont­acts across Euro­pe. They will know how to speak to agents, pro­du­cers and com­mis­sio­ning edi­tors and will be able to pitch their sto­ries with ease and cla­ri­ty.

MP: What are some nota­ble suc­ces­ses of the Seri­al Eyes alum­ni?

BH: Some nota­ble alum­ni include Jana Bur­bach (Wri­ter of Bad Banks for ZDF/​ARTE, Co-Crea­tor of Tri­bes of Euro­pe for Net­flix), Den­nis Schanz (Crea­tor of Sky­li­nes for Net­flix), Alex­an­der Lindh and Julia Pen­ner (Head Wri­ters of Druck/​aka Skam Ger­ma­ny for ZDF­neo), Lau­ra Grace (Wri­ter on Das Boot for Sky Ger­ma­ny), Wik­tor Piat­kow­ski (Crea­tor of Wata­haThe Pact for HBO Euro­pe), Isau­re Pisa­ni-Fer­ry (Co-Crea­tor of Vam­pi­res for Net­flix), and Ivan Kne­ze­vic (Wri­ter on Hacker­ville 2 for HBO Euro­pe). The­re are many more who are doing fan­ta­stic work. The main thing is that pret­ty much ever­y­bo­dy is working as a wri­ter and/​or pro­du­cer in tele­vi­si­on and get­ting paid for it. That’s a big suc­cess in my book!

 

The appli­ca­ti­on dead­line for Seri­al Eyes 2019/​2020 is April 15, 2019. For more infor­ma­ti­on, plea­se visit the admis­si­on web­page.

DFFB blickt auf eine span­nen­de und erfolg­rei­che Ber­li­na­le 2019 zurück

Was für eine Ber­li­na­le! Wir sind unglaub­lich stolz auf unse­re Stu­die­ren­den und Alum­ni, die mit so vie­len guten Fil­men in bei­na­he allen Sek­tio­nen des Fes­ti­vals ver­tre­ten waren. An nur 10 Tagen wur­den 14 ihrer Fil­me ins­ge­samt 60 mal auf den Kino­lein­wän­den der Haupt­stadt gezeigt – und konn­ten eini­ge Erfol­ge fei­ern.

 

4 Fil­me im Forum bzw. der Per­spek­ti­ve Deut­sches Kino

Mit Sara Sum­ma, Miri­am Blie­se und Simo­na Kos­to­va hat die DFFB drei star­ke Regis­seu­rin­nen ins Ren­nen geschickt, die mit ihren Spiel­fil­men alle­samt auf der Ber­li­na­le ihre jewei­li­ge Welt- bzw. Deutsch­land­pre­mie­re fei­er­ten. Wäh­rend Sara Sum­ma mit GLI ULTIMI A VEDERLI VIVERE auf eine erfolg­rei­che Welt­pre­mie­re im Forum zurück­blickt, wur­de DIE EINZELTEILE DER LIEBE von Miri­am Blie­se in der Per­spek­ti­ve Deut­sches Kino zum ers­ten Mal dem Publi­kum prä­sen­tiert. Simo­na Kos­to­va fei­er­te mit DREISSIG ihre Deutsch­land­pre­mie­re auf der Ber­li­na­le und als Gewin­ner des dies­jäh­ri­gen Max Ophüls Preis lief außer­dem DAS MELANCHOLISCHE MÄDCHEN von Susan­ne Hein­rich als Gast­spiel im Rah­men der Per­spek­ti­ve Deut­sches Kino. Wir wün­schen unse­ren talen­tier­ten Regis­seu­rin­nen wei­ter­hin bes­te Erfol­ge!

 

Aus­zeich­nun­gen für Absolvent*innen der DFFB

Wir gra­tu­lie­ren unse­rer Alum­na Ange­la Scha­nelec sehr herz­lich zum Sil­ber­nen Bären für die Bes­te Regie im Wett­be­werb. Mit ICH WAR ZU HAUSE, ABER hat die Ber­li­ner Regis­seu­rin erst­mals am Wett­be­werb der Ber­li­na­le teil­ge­nom­men und die Inter­na­tio­na­le Jury mit den Ele­men­ten der Ber­li­ner Schu­le – lan­ge Ein­stel­lun­gen, viel Raum, noch mehr Stil­le – über­zeugt.

Unse­re Glück­wün­sche gehen auch an das Team von SYSTEMSPRENGER, beson­ders an Regis­seu­rin Nora Fing­scheidt sowie DFFB-Alum­nus und Pro­du­zent Jonas Wey­de­mann, das von der Jury mit dem Sil­ber­nen Bären Alfred-Bau­er-Preis aus­ge­zeich­net wur­de. Der Preis wird seit 1987 an Spiel­fil­me im Wett­be­werbs­pro­gramm, die neue Per­spek­ti­ven auf die Film­kunst eröff­nen, ver­lie­hen und wur­de nach dem ers­ten Lei­ter des Fes­ti­vals, Alfred Bau­er, benannt. Der Preis der Leser­ju­ry der Ber­li­ner Mor­gen­post ging eben­falls an SYSTEMSPRENGER.

Auch der mit 5.000 Euro dotier­te Kom­pass-Per­spek­ti­ve Preis wur­de an einen Film mit DFFB-Betei­li­gung ver­ge­ben. Wir gra­tu­lie­ren BORN IN EVIN von Maryam Zaree, die mit DFFB-Absol­ven­tin Siri Klug an der Kame­ra zusam­men an dem Film gear­bei­tet hat, zur Aus­zeich­nung für den bes­ten Film aus dem aktu­el­len Pro­gramm der Per­spek­ti­ve Deut­sches Kino.

Herz­li­che Glück­wün­sche gehen auch an unse­re Absol­ven­tin Ana-Feli­cia Scu­tel­ni­cu, die für ihr Tre­at­ment TRANSIT TIMES mit dem Kom­pa­gnon-För­der­preis aus­ge­zeich­net wur­de. Der von Ber­li­na­le Talents und Per­spek­ti­ve Deut­sches Kino gemein­sam ver­ge­be­ne Preis bie­tet neben einem Sti­pen­di­um von 5.000 Euro zur unab­hän­gi­gen Dreh­buch- bzw. Pro­jekt­ent­wick­lung auch ein Men­to­ren­pro­gramm zur Stär­kung der künst­le­ri­schen Hand­schrift sowie berufs­be­glei­ten­de Coa­chings zur bes­se­ren Ver­net­zung inner­halb der Bran­che.

 

HAGAZUSSA fei­ert Erfolg im Rah­men der Woche der Kri­tik

Auch bei der Woche der Kri­tik wur­de die DFFB mit einem begehr­ten Preis bedacht: Für ihre außer­ge­wöhn­li­che Arbeit an HAGAZUSSA erhielt unse­re Absol­ven­tin und Bild­ge­stal­te­rin Mari­el Baquei­ro den vom Ver­band der Deut­schen Film­kri­tik ver­lie­hen Preis für die Bes­te Kame­ra. Wir gra­tu­lie­ren herz­lich zu der erneu­ten Aus­zeich­nung, nach­dem HAGAZUSSA bereits bei den FIRST STEPS AWARDS 2018 über­zeug­te.

 

Juli­an Radl­mei­er holt die Gol­de­ne Lola für das bes­te unver­film­te Dreh­buch nach Hau­se

Noch ein Grund zum Jubeln: DFFB-Alum­nus Juli­an Radl­mai­er wur­de für sein Tre­at­ment „Blut­sauger“ die Gol­de­ne Lola 2019 für das bes­te unver­film­te Dreh­buch ver­lie­hen. Der mit 10.000 Euro dotier­te Preis wur­de beim Emp­fang des Ver­ban­des Deut­scher Dreh­buch­au­to­ren (VDD) durch die Staats­mi­nis­te­rin für Kul­tur und Medi­en, Prof. Moni­ka Grüt­ters, über­reicht.

 

Wow! Wir gra­tu­lie­ren allen Stu­die­ren­den und Alum­ni zur Ein­la­dung zum Fes­ti­val und ganz beson­ders zu den groß­ar­ti­gen Erfol­gen! Wir sind schon jetzt gespannt auf die nächs­te Sai­son und kön­nen schluss­end­lich nur eins sagen: Wei­ter so!

Mari­el Baquei­ro gewinnt den vom Ver­band der Deut­schen Film­kri­tik ver­lie­he­nen Preis für die bes­te Kame­ra

Der Preis der deut­schen Film­kri­tik ist der ein­zi­ge deut­sche Film­preis, der aus­schließ­lich von Kritiker*innen ver­ge­ben wird. Er rich­tet sich nicht nach wirt­schaft­li­chen, län­der­spe­zi­fi­schen oder poli­ti­schen Kri­te­ri­en, son­dern aus­schließ­lich nach künst­le­ri­schen und hat ein gro­ßes Renom­mee. Auch in der Ver­gan­gen­heit ging er an her­aus­ra­gen­de Fil­me und Regisseur*innen des Jah­res; 1956 wur­de er erst­mals ver­ge­ben.

In die­sem Jahr wur­de der Preis für die bes­te Kame­ra an die DFFB-Absol­ven­tin Mari­el Baquei­ro ver­lie­hen, über­reicht durch den Ver­band der Deut­schen Film­kri­tik. Aus­ge­zeich­net wur­de ihre Arbeit an HAGAZUSSA (R/​B: Lukas Fei­gel­feld, K: Mari­el Baquie­ro, P: Simon Lubin­sky, Lukas Fei­gel­feld). Durch ihre ein­drucks­vol­len Bil­der kre­iert Mari­el eine erschre­cken­de Atmo­sphä­re, die gefan­gen hält. Ihre Kame­ra­füh­rung ermög­licht ein tie­fes Ein­tau­chen der Protag­nis­tin. Im Stru­del der psy­che­de­lisch-eksta­ti­schen Bil­der­fol­gen fal­len Akti­on und Reak­ti­on in eins und machen es uns damit schwer, ein mora­li­sches Urteil zu fäl­len – ein ech­tes Seh­erleb­nis für das Publi­kum. Bereits beim First Steps Award 2018 über­zeug­te HAGAZUSSA und gewann unter ande­rem den mit 10.000 € dotier­ten Micha­el-Ball­haus-Preis für die bes­te Bild­ge­stal­tung.

Wir gra­tu­lie­ren herz­lich zu der erneu­ten Aus­zeich­nung!